Ägyptische Kinder schuften illegal für Luxusparfüms – für Schweizer
Für die Inhaltsstoffe schuften Kinder für einen Hungerlohn, im Geschäft kosten die Parfüms mehrere Hundert Franken. Auch eine Schweizer Firma steht im Visier.
Das Wichtigste in Kürze
- Kinder in Ägypten pflücken Jasminblüten für Luxusparfüms.
- Eine BBC-Dokumentation enthüllt Kinderarbeit in der Parfümindustrie.
- Auch ein Schweizer Duftstoffhersteller steht in der Kritik.
Ein Blick hinter die Kulissen der Parfümindustrie offenbart eine erschreckende Realität: Kinderarbeit. Eine BBC-Untersuchung hat ergeben, dass Minderjährige an der Gewinnung von Inhaltsstoffen von Luxusparfüms beteiligt sind.
Von Kinderhänden gepflückt werden für die Herstellung der luxuriösen Duftstoffe Jasminblüten in Ägypten. In ihrer neuen Dokumentation zeigt die BBC das Schicksal der Pflückenden auf. Eine davon ist Heba mit ihren vier Kindern im Alter zwischen fünf und 15 Jahren.
Ihre Kinder helfen bei der Ernte mit, weil die Familie so mehr pflücken kann. So erhält sie am Ende mehr Geld.
Heba ist kein Einzelfall. In der Regel arbeiten unabhängige Pflückende auf den Farmen, die nach der Menge der geernteten Blüten bezahlt werden. Auf die helfenden Hände der Kinder kann so nur schwer verzichtet werden.
Kinder arbeiten in Ägypten illegal
Die Schicht beginnt um drei Uhr morgens. Die Sonne könnte die Blüten nämlich beschädigen.
Die Kinderarbeit ist illegal. In Ägypten ist es für unter 15-Jährige nämlich nicht erlaubt, zwischen 19 und 7 Uhr zu arbeiten.
Beim Besuch des BBC-Teams können Heba und ihre Familie 1,5 Kilo Jasminblüten ernten. Nach Abzug der Pacht erhalten sie davon gerade einmal 1.50 Dollar (umgerechnet 1.37 Franken).
Dieses Geld reicht nicht zum Überleben. Hebas Familie lebt wie viele andere Familien in der Jasminindustrie auch unterhalb der Armutsgrenze. Die zehnjährige Tochter Basmalla leidet zudem an einer schweren Augenallergie – eine Folge der Arbeit im Jasminfeld.
Nach der Ernte gelangen die Blüten über Sammelstellen zu lokalen Fabriken. Dort wird daraus das kostbare Jasminöl gewonnen, das dann an internationale Duftstoffhersteller verkauft wird.
«Die Menschen hier sind nichts wert»
Diese haben dann wiederum Luxusmarken wie Lancôme (L'Oréal) und Aerin Beauty (Estée Lauder) als Abnehmer.
Somit gelangen Inhaltsstoffe, die von Kindern gepflückt wurden, in Luxusparfüms, moniert die BBC. Und dies trotz einer Selbstverpflichtung der Firmen in der Branche für ethische Beschaffungspraktiken und eines Engagements gegen Kinderarbeit.
Im Handel kosten die Parfüms dann teilweise mehrere Hundert Franken. Diese Preise schockieren Heba. «Die Menschen hier sind nichts wert», sagt sie.
Schweizer Hersteller in der Kritik
Auch ein Schweizer Duftstoffhersteller steht in der Kritik. Eine der Duftstofffirmen, die Jasminöl aus Ägypten bezieht, ist Givaudan mit Sitz im Genfer Ort Vernier.
Auf Anfrage von Nau.ch schreibt Givaudan, man praktiziere und toleriere «keine Form von Kinderarbeit».
«Wir wissen, dass die Jasminproduktion Anlass zur Sorge über Kinderarbeit gibt.» Gemeinsam mit den Lieferanten, arbeite man bereits intensiv daran, die Probleme zu lösen. «Die im BBC-Bericht geäusserten Bedenken sind jedoch äusserst alarmierend.»
Das Genfer Unternehmen verweist auf externe Kontrollen, eigene Besuche vor Ort und zusätzlichen Bildungsprogrammen, um mehr Transparenz zu schaffen. Dafür arbeite Givaudan mit internationalen Organisationen zusammen.
Alle Beteiligten in der Lieferkette seien gefordet, schreibt Givaudan weiter. «Es liegt an uns allen, weiterhin Massnahmen zu ergreifen, um das Risiko der Kinderarbeit vollständig zu beseitigen.
Kinder schuften – grosse Parfümfirmen in der Verantwortung
Laut Branchenkennern sind es die grossen Parfümfirmen, die für das Elend verantwortlich sind. Sie geben demnach das Budget vor und setzen damit Druck auf die Gehälter der Arbeitenden. Bis hinunter zu den Pflückenden.
L'Oréal stellt dies in Abrede. Man würde «niemals» von Parfümhäusern verlangen, die Marktpreise auf Kosten der Bauern zu unterschreiten.
Das Unternehmen setze sich für die internationalen Menschenrechtsstandards ein. Man arbeite «proaktiv» daran, die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren und Lösungen zu finden.
Estée Lauder gibt gegenüber der BBC an, man habe die Lieferanten kontaktiert, um diese «sehr ernste Angelegenheit» zu untersuchen.