Brasiliens Ex-Präsident Lula ist besonders bei Armen beliebt

Ayse Turcan
Ayse Turcan

Brasilien,

Er hat den Armen in Brasilien geholfen. Darum ist Ex-Präsident Lula bei vielen beliebt. Sein Richter wird nun unter Bolsonaro zum Justizminister.

Lula da Silva Brasilien
Der ehemalige Präsident Brasiliens Luiz Inácio Lula da Silva. (Archivbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der brasilianische Ex-Präsident Lula wurde wegen Korruption zu zwölf Jahren verurteilt.
  • Wäre er zur Präsidentschaftswahl zugelassen worden, wäre Lula jetzt wohl Präsident.
  • Viele Brasilianer vermuten politische Motive hinter der Verurteilung des beliebten Mannes.

Seit dem 7. April dieses Jahres sitzt der ehemalige Präsident Brasiliens, Luiz Inácio «Lula» da Silva im Gefängnis. Der heute 73-Jährige wollte zu den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Herbst erneut antreten – und dies trotz seiner Inhaftierung wegen Korruptionsvorwürfen. Nachdem seine Anwälte mehrmals erfolglos versucht hatten, seine Freilassung zu erwirken, sah es diese Woche für kurze Zeit danach aus, als käme er tatsächlich frei.

Am Mittwoch entschied ein Richter des Obersten Gerichts Brasiliens, dass alle in zweiter Instanz Verurteilten – zu denen zählt auch Lula – freigelassen werden sollen. Seine Anhänger begannen bereits zu feiern. Doch die Freude währte nur wenige Stunden: Der Präsident des Obersten Bundesgerichts, José Antonio Dias Toffoli, hat dieses Urteil noch am selben Tag widerrufen.

Brasiliens designierter Präsident Jair Bolsonaro (l.) mit dem Präsidenten vom Obersten Gerichts von Brasilien, José Antonio Dias Toffoli. - Keystone

Viele vermuten politische Motive

Viele Brasilianer glauben, dass Lula tatsächlich nicht aufgrund des Verfahrens wegen Korruption im Gefängnis sitzt. Sie vermuten vielmehr politische Motive für seine Inhaftierung. Auch Patricia Lima aus Rio de Janeiro teilt diese Meinung. «So viele andere haben auch gestohlen und sitzen nicht im Gefängnis!» so Lima gegenüber Nau. Stehlen sei schlecht, das sei für sie klar. Lula habe aber «sehr viel Gutes getan».

Für die 37-Jährige ist klar: Lula war ein guter Präsident. Und sie hätte ihn auch in diesem Jahr wiedergewählt. «Er hat so vielen geholfen, vor allem den Ärmsten. Während der Regierung Lula war alles billiger, er hat das Schulsystem verbessert und den Familien geholfen.»

Patricia Lima (37) hätte den besonders bei der ärmeren Schicht von Brasilien beliebten Ex-Präsidenten Lula wiedergewählt. Lima arbeitet im Zentrum Rios als Reinigungskraft. - Nau

Lula bei Armen beliebt

Aufgrund seiner Beliebtheit im Volk lag Lula in Umfragen weit vor dem nächstplatzierten Jair Bolsonaro, welcher die Wahl schliesslich im Oktober gewonnen hat. Lula hatte während seiner Amtszeit verschiedene Massnahmen ergriffen, welche das Leben der Ärmsten der Gesellschaft massiv verbessert haben.

Vor Lulas Amtszeit war dessen Situation massiv prekärer: Noch Anfang der 2000er Jahre litten mehr als zehn Prozent der brasilianischen Bevölkerung an Unterernährung. Lula hat den Hunger in Brasilien mit dem Programm «Zero Fome» erfolgreich bekämpft.

Richter wird unter Bolsonaro zum Minister

Ob Lula tatsächlich aus politischen Gründen inhaftiert ist oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. Der Umstand, dass Richter Sergio Moro, der Lula verurteilt hat, unter dem neuen Präsidenten Bolsonaro einen Ministerposten erhält, wirft jedoch Schatten auf das Verfahren gegen Lula.

moro brasilien
Sergio Moro an einem Forum gegen Korruption. - keystone

Hinzu kommt, dass Lulas Freiheit sich in der Öffentlichkeit zu Äussern, massiv beschnitten wurde. «Er kommt mit Sicherheit nicht so schnell wieder frei», ist darum Patricia Lima überzeugt. «Mit Sicherheit nicht unter der Regierung Bolsonaro.»

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