Coronavirus: Erreicht Brasilien bald Herdenimmunität?
Das Wichtigste in Kürze
- Brasilien ist vom Coronavirus stark betroffen.
- Laut einer neuen Studie hat die Stadt Manaus möglicherweise Herdenimmunität erreicht.
- Demnach sind 66 Prozent der Einwohner bereits mit dem Coronavirus infiziert worden.
Brasilien wurde vom Coronavirus hart getroffen. Nur die USA und Indien haben mehr Ansteckungsfälle, nur die USA haben mehr Tote als das lateinamerikanische Land. Nun gibt es Hinweise, dass eine brasilianische Stadt ungewollt die Herdenimmunität erreichen könnte.
In einer neuen Studie schätzen Forscher, dass in Manaus 66 Prozent der Einwohner bereits mit dem Coronavirus infiziert waren. Wie der «Spiegel» schreibt, gelang es in der Stadt am Amazonas nicht, die Pandemie einzudämmen. Nach dem ersten Fall im März stiegen die Infektionen und Todesfälle stark an.
Doch seit Mai gehen die Neuinfektionen stetig zurück. Das Forschungsteam der Universität São Paulo geht davon aus, dass Verhaltensänderung der Bevölkerung einen Einfluss haben könnten. Doch Herdenimmunität spiele darin eine entscheidende Rolle.
Studie ist noch nicht überprüft
Als Grenze für die exponentielle Ausbreitung des Coronavirus gelten allgemein 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung. Damit wird die Herdenimmunität erreicht: von den drei Menschen, die eine infizierte Personen im Durchschnitt ansteckt, sind zwei bereits immun. So wird das exponentielle Wachstum gebrochen.
Mit der Schätzung, dass in Manaus 66 Prozent der Menschen bereits angesteckt wurden, hätte die Stadt diese Grenze also erreicht. Die Studie ist jedoch noch nicht durch Peer Reviews bestätigt. Sie habe zudem einige Schwächen, wie der «Spiegel» schreibt. Beispielsweise wurden Blutproben von Blutspendern untersucht, doch diese gelten nicht als repräsentativ für die Bevölkerung.
Coronavirus fordert überdurchschnittlich viele Tote
Stimmen die Ergebnisse der Studie, lässt sich der Rückgang der Coronafälle nicht einfach so als Erfolgsgeschichte feiern. Manaus zählte überdurchschnittlich viele Todesfälle durch das Coronavirus. Laut Hochrechnungen der Studie starben von allen tatsächlich Infizierten in der Stadt 0,28 Prozent. Insgesamt heisst das, dass ungefähr eine Person auf 500 Einwohner durch das Coronavirus das Leben verlor.
In der Schweiz sind bisher 1778 Personen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Das entspricht ungefähr einem Todesfall pro 4780 Einwohner. Der Anteil an über 60-Jährigen und damit der Risikogruppe ist in Manaus allerdings deutlich tiefer als in Industriestaaten.