Erneut Massenproteste in Israel gegen Justizreform
Tausende Menschen haben in Israel erneut gegen die umstrittene Justizreform der rechts-religiösen Regierung protestiert. Im Zentrum Tel Avivs zogen Demonstranten den elften Samstag in Folge mit israelischen Flaggen und Protestschildern durch die Strassen. Darauf war unter anderem zu lesen: «Nein zur Diktatur» oder «Israel ist noch nicht Iran». Auch in Städten wie Jerusalem, Haifa oder Beerscheba waren Kundgebungen geplant.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit mehr als zwei Monaten gehen in Israel regelmässig Tausende Menschen gegen das umfassende Gesetzesvorhaben auf die Strassen.
Dem Parlament soll es unter anderem künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Ausserdem soll die Politik mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern erhalten. Die Koalition will noch bis Ende des Monats Kernelemente der kontroversen Reform im Schnellverfahren durchsetzen. Kritiker sehen die Gewaltenteilung als Pfeiler der Demokratie in Gefahr und warnen vor einer gefährlichen Staatskrise.
Einen am Mittwoch vom israelischen Präsidenten Izchak Herzog vorgelegten Kompromissvorschlag wies Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu umgehend zurück. Er sei unausgewogen und zementiere nur den gegenwärtigen Zustand. Die Opposition stellte sich hinter den Vorschlag. «Er ist nicht perfekt, aber ein fairer Kompromiss, der uns ermöglicht, hier gemeinsam zu leben», sagte Oppositionsführer Jair Lapid. Im Falle eines Bürgerkriegs gebe es nur Verlierer. Herzog betonte, der Vorschlag sei als Grundlage für Gespräche gedacht.
Die Protestbewegung ist eine der grössten in der Geschichte Israels und umfasst breite Gesellschaftsteile. Auch aus der Armee kommt vermehrt Widerstand. Hunderte Eliteoffiziere aus der Militärreserve kündigten etwa an, sich ab Sonntag nicht mehr zum Dienst zu melden.