Gewalttätige Konfrontationen in Chile zwei Tage vor Referendum
Zwei Tage vor einem Referendum in Chile über eine Verfassungsreform ist es in der Hauptstadt Santiago erneut zu schweren Unruhen gekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bürger sollen über Änderung der Verfassung entscheiden.
Aus einer Menge von hunderten Demonstranten heraus wurden am Freitag die Sicherheitskräfte mit Steinen beworfen, diese reagierten mit dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Angaben zu Verletzten lagen zunächst nicht vor.
Die Bürger des südamerikanischen Landes sollen in dem Referendum am Sonntag darüber entscheiden, ob die bisherige Verfassung, die noch aus der Zeit der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-90) stammt, neu geschrieben werden soll. Parteien der Linken und der Mitte sowie zahlreiche Bürgerbewegungen kritisieren die Verfassung als Hindernis für tiefgreifende soziale Reformen. Ihrer Ansicht nach bildet die Verfassung die Grundlage des neoliberalen Wirtschaftssystems in Chile.
In dem Land finden seit einem Jahr Massenproteste gegen die Regierung statt, wobei es immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen mit den Sicherheitskräften kommt. Die Demonstranten fordern unter anderem, dass Grundrechte wie das Recht auf Gesundheit und Bildung in der Verfassung verankert werden sollen.
Ursprünglich waren die Demonstrationen im Oktober 2019 durch eine - später zurückgenommene - Erhöhung der Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr ausgelöst worden. Bei den Protesten wurden bislang mindestens 30 Menschen getötet, tausende weitere wurden verletzt.
Unter dem Druck der Proteste willigte der konservative Präsident Sebastián Piñera in das Referendum über eine Verfassungsänderung ein. Die ursprünglich für April geplante Abstimmung wurde aufgrund der Corona-Krise um ein halbes Jahr verschoben. Auch die Proteste waren wegen der Pandemie zwischen März und August unterbrochen.