Haitis Kampf gegen Bandenkriminalität und Vertreibung
In einer eindringlichen Lagebesprechung hat ein UN-Experte auf die steigende Kontrolle von Banden in der haitianischen Hauptstadt hingewiesen.
Die Herrschaft krimineller Banden in Haiti zieht einen beängstigenden Kreislauf aus Unsicherheit, Hunger und Zwangsumsiedlungen nach sich. Nach einem 12-tägigen Besuch des UN-Menschenrechtsexperten William O'Neill in Haiti äussert dieser tiefe Besorgnis.
Mehr als 80 Prozent von Port-au-Prince seien unter der Kontrolle von Kriminellen, wie «Deutsche Welle News» mitteilt. Entgegen dieser Form der Wildwest-Herrschaft hat die haitianische Polizei logistische und technische Defizite.
Trotz der Bemühungen einer internationalen Sicherheitsmission stehen der Bandenkriminalität die Türen offen. Mit steigender sexueller Gewalt zur Domination und Kindesentführungen zur Durchführung von Angriffen auf Polizei und öffentliche Einrichtungen kontrollieren die Banden die Bevölkerung.
Südliche Gebiete nicht mehr verschont
Einst friedvolle südliche Bereiche Haitis werden zunehmend von den Auswirkungen des Konflikts heimgesucht. Sie leiden heute an Inflation, Versorgungsengpässen und einem unheilvollen Zustrom von Vertriebenen. Die humanitären Folgen bezeichnet O'Neill als dramatisch. Etwa 700'000 Menschen, mehrheitlich Kinder, wurden innerhalb des Landes vertrieben und fast fünf Millionen Einwohner leiden an schwerem Hunger.
Erschwerend kommt hinzu, dass die internationale Gemeinschaft noch nicht alle versprochenen Ressourcen zur Verfügung gestellt hat. In einer weiteren Konversation gab O'Neill bekannt, dass von den versprochenen 2'500 UN-Soldaten bisher weniger als ein Viertel eingetroffen sind. Auch die fehlende Ausrüstung und unzureichende Ressourcen behindern den Einsatz des internationalen Trosses.
Waffenschmuggel sorgt weiterhin für extreme Bedingungen
O'Neill zitierte ebenfalls den Polizeichef von Haiti, Rameau Normil, welcher angesichts eines Landes mit über 11 Millionen Einwohnern und nur 5'000 Polizisten erklärte: «Es ist unmöglich, für Sicherheit zu sorgen.» Trotz eines internationalen Waffenembargos gelingt es immer wieder, Waffen und Munition in das Land zu schmuggeln, was es den Banden ermöglicht, neue Gebiete zu erobern.
Die Zustände in den Haftanstalten sind laut dem UN-Experten bedauernswert. Überbelegung, katastrophale Hygiene und eine harsche Behandlung der Insassen sind an der Tagesordnung. «Die andauernde Qual muss ein Ende haben», betonte O’Neill.