Neue Studie: Schweizer Bevölkerung soll ab 2048 wieder schrumpfen
Eine neue Studie beurteilt die globale Bevölkerungsentwicklung neu: Ab 2064 schrumpft die Weltbevölkerung. Die Schweiz erreicht den Höhepunkt schon zuvor.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine neue Studie korrigiert die Bevölkerungsentwicklung bis ins Jahr 2100 nach unten.
- China schrumpft dramatisch, Afrika könnte dreimal mehr Einwohner haben als heute.
- In der Schweiz könnte 2048 die Trendwende einsetzen – bis 2100 schrumpft die Bevölkerung.
Langfristige Studien sind bekanntlich mit Vorsicht zu geniessen. Dennoch ist die Frage, wie sich die Erdbevölkerung bis ins Jahr 2100 entwickelt, sehr relevant: Politische Fragen zur Migration, Geburtenkontrolle und nicht zuletzt zum Klimawandel stützen sich auf langfristige Entwicklungsprognosen.
Eine US-amerikanische Forschergruppe um Christopher Murray hat nun mithilfe neuer Methoden ein neues Prognosemodell erstellt. In der im Wissenschaftsmagazin «The Lancet» veröffentlichten Studie revidieren sie ältere Prognosen, die von einer stetig wachsenden Erdbevölkerung ausgegangen waren: Ab 2064 soll die globale Bevölkerung wieder schrumpfen.
Bildungsniveau und Verhütungsmittel bremsen das Wachstum
Die Studienverfasser erklären, dass die Anzahl Kinder pro Frau vom Bildungsniveau und der Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln abhängig ist: Berufstätige Frauen haben weniger Kinder, genauso wie Frauen, die in ihrer Beziehung Zugang zu Verhütungsmitteln haben.
Auch der Wohlstand und das Niveau des Sozialstaats haben einen Einfluss auf die Geburtenrate. In Familien, die sich nicht auf eine staatliche Altersvorsorge verlassen können, garantiert das Einkommen der Kinder die Existenzsicherung. Steigt der Wohlstand in einem Land, sinkt meistens die Geburtenrate.
Weltweit leben immer weniger Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Nach Angaben der Weltbank lebten 2002 noch 25 Prozent der Weltbevölkerung mit weniger als 1.90 Dollar. 2015 waren es nur noch zehn Prozent.
In den Schwellenländern gelangen immer mehr Menschen zu Wohlstand, das Bildungsniveau steigt. Dementsprechend sinken vielerorts die Geburtenraten.
Schweizer Bevölkerung schrumpft ab 2048
Doch nicht nur das Verhältnis zwischen Geburten- und Sterberate beeinflusst die Bevölkerungsentwicklung eines Landes: Zu- und Abwanderung tragen ebenfalls zum Wachstum und Schrumpfen einer Landesbevölkerung bei.
Diese Faktoren spielen für wohlhabende Länder wie die Schweiz eine grosse Rolle. So liegt die Geburtenrate in der Schweiz derzeit bei rund 1,5 Kindern pro Frau: Für eine gleich gross bleibende Bevölkerung müssten es zwei Kinder pro Frau sein. Da die Schweiz jedoch nach wie vor ein Einwanderungs-Land ist, wächst die Bevölkerung weiterhin.
Doch die Situation dürfte sich ändern: Die Forscher berechneten, dass der Schweizer Bevölkerungs-Höchstwert im Jahr 2048 erreicht sein dürfte. Sie schätzen die Wohnbevölkerung dann auf 9,82 Millionen – ein Zuwachs von 1,21 Millionen im Vergleich zu jetzt. Danach soll die Schweizer Bevölkerung wieder schrumpfen – 2100 soll die Bevölkerung 8,33 Millionen Einwohner betragen.
China schrumpft dramatisch, Nigeria mit 800 Millionen Einwohnern
Bereits frühere Szenarien prognostizierten für Europa und Nordamerika sinkende Einwohnerzahlen. Mittlerweile gehen die Verfasser jedoch auch in grossen Teilen Asiens und Südamerikas von einem Bevölkerungsrückgang bis 2100 aus.
Besonders dramatisch dürfte der Rückgang in China sein: Aufgrund der Ein-Kind-Politik liegt die Geburtenrate bereits jetzt deutlich unter 2. Die Forscher prognostizieren, dass sich die Bevölkerung von derzeit 1,4 Milliarden auf 731 Millionen fast halbieren könnte.
Ganz anders sieht die Lage in den armen Ländern Afrikas südlich der Sahara aus: Hier dürften die Geburtenraten noch länger hoch bleiben. Dementsprechend dürften die Einwohnerzahlen bis 2100 in die Höhe schiessen.
Alleine die Bevölkerung Nigerias könnte von derzeit 206 Millionen auf 790 Millionen anwachsen. Insgesamt wird für Afrika südlich der Sahara ein Wachstum von derzeit 1,026 auf 3,071 Milliarden vorhergesagt.
Gute und schlechte Nachrichten
Insgesamt gehen die neuen Modelle von einem deutlich geringeren Bevölkerungswachstum aus. Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht: Eine kleinere Weltbevölkerung heisst, dass weniger Ressourcen benötigt werden. Damit unterstützt eine weniger stark wachsende Bevölkerung auch die Bemühungen gegen den Klimawandel.
Ist die Geburtenrate geringer als die Todesrate, heisst dies jedoch auch, dass die Gesamtbevölkerung älter wird. Dies dürfte in vielen Ländern zur Herausforderung werden: Wenn weniger arbeitsfähige Menschen eine grösser werdende Gruppe an Rentnern versorgen muss, stellt dies die Altersvorsorge-Systeme auf die Probe.