Opposition beklagt Verstösse bei Parlamentswahl in Armenien
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der Ex-Sowjetrepublik Armenien im Südkaukasus hat die Opposition zahlreiche Wahlverstösse beklagt. Der frühere Präsident Robert Kotscharjan und sein Parteienblock Armenien beklagten, dass in der Hauptstadt Eriwan massenweise Flugblätter verteilt wurden, auf denen der 66-Jährige mit Blut an den Händen und auf seinem Hemd zu sehen ist. Kotscharjan sprach von einem «ungeheuerlichen Vorfall». Er gilt neben dem amtierenden Regierungschef Nikol Paschinjan als Favorit bei der Abstimmung am Sonntag.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor den Wahllokalen bildeten sich teils lange Warteschlangen, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur in Eriwan berichtete.
Viele Menschen sagten, dass sie von Paschinjan, der 2018 im Zuge einer Revolution an die Macht kam, enttäuscht seien. Etliche beklagten aber auch, dass weder der Regierungschef noch Kotscharjan eine «saubere Weste» hätten. Die beiden gaben in Eriwan ihre Stimme ab.
Insgesamt waren rund 2,6 Millionen Menschen zur Wahl in dem völlig verarmten Land aufgerufen. Um die mindestens 101 Plätze im Parlament bewerben sich Anhänger von 21 Parteien und 4 politischen Blöcken - so viele wie nie zuvor. Die Beteiligung lag am frühen Nachmittag bei rund 27 Prozent, wie die Wahlkommission mitteilte.
Regierungschef Paschinjan hatte die Abstimmung unter dem Druck der Opposition angesetzt – nach dem Krieg im Herbst um die Konfliktregion Berg-Karabach mit Aserbaidschan, in dem Armenien als Verlierer gilt. Die Opposition macht Paschinjan verantwortlich für massive Gebietsverluste. Auf beiden Seiten starben rund 6500 Menschen.
Der Politologe Alexander Iskandarjan schloss neue gewaltsame Proteste nach der Wahl nicht aus. Nach der Schliessung der Wahllokale um 20.00 Uhr (18.00 Uhr MESZ) wurden noch am späten Sonntagabend erste Ergebnisse erwartet. Ein klares Bild dürfte es erst am Montag geben.