Russische Medien boykottieren Parlament
Das Wichtigste in Kürze
- Dem russischen Parlamentarier Leonid Sluzki wird sexuelle Belästigung von Journalistinnen vorgeworfen.
- Die Ethikkommission des Parlaments weist die Vorwürfe zurück.
- Deswegen wollen mehrere Medien die Berichterstattung aus dem Parlament einstellen.
Mehrere russische Medien wollen aus Protest gegen nicht verfolgte Belästigungsvorwürfe ihre Berichterstattung aus der Staatsduma einstellen. Das russische Parlament sei kein sicherer Ort mehr für Journalisten, teilte die Chefredaktion des kremlkritischen Radiosenders Echo Moskwy am Donnerstag zur Begründung mit. Hintergrund sind Vorwürfe, die sich gegen den nationalistischen Abgeordneten und Vorsitzenden des Aussenausschusses, Leonid Sluzki, richten. Er soll mindestens drei Journalistinnen sexuell belästigt haben.
Auch das oppositionsnahe Internet-TV Doschd und die renommierte Mediaholding RBK schlossen sich dem Boykott an. Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin kündigte daraufhin an, ihnen möglicherweise die Akkreditierung für die Duma zu entziehen.
Die Ethikkommission der Duma hatte die Vorwürfe gegen Sluzki als eine angebliche Intrige im Zuge der Präsidentenwahl zurückgewiesen. Sluzki habe keine Verhaltensnormen verletzt, hiess es. Der Skandal gilt in Russland als erster Ausläufer der #MeToo-Debatte und der Affäre um Hollywood-Produzent Harvey Weinstein.
Man sei von der Entscheidung sehr enttäuscht, schrieb die Zeitung «Kommersant» in einem Beitrag. Man habe sich deshalb entschlossen, jegliche Zusammenarbeit mit Sluzki und der Ethikkommission bis auf weiteres einzustellen. Auch die kritische Zeitung «Nowaja Gaseta», das Wirtschaftsblatt «Wedomosti» und der Radiosender Goworit Moskwa haben sich dem angeschlossen.