Zur Adoption stehende Kinder in Brasilien in Einkaufszentrum zur Schau gestellt
Das Wichtigste in Kürze
- Entrüstung über «Adoption auf dem Laufsteg».
Internetnutzer verglichen die Veranstaltung mit dem Titel «Adoption auf dem Laufsteg» am Donnerstag mit Sklaven- oder Viehauktionen. Die Organisatoren verteidigten die Aktion als notwendige Unterstützung zahlloser Kinder, die in Brasilien ohne ihre Eltern aufwachsen müssten.
«Werden Tiere oder Sklaven verkauft?», fragte ein Facebook-Nutzer. «Beschämend, es ist wie eine Zurschaustellung von Kindern in Form eines Viehmarktes», schrieb ein anderer. «Wie Sklaven - haben sie ihre Zähne gezeigt?», empörte sich eine weitere Nutzerin.
Brasilien hatte die Sklaverei 1888 abgeschafft, 25 Jahre nach den USA. Dieses dunkle Kapitel in ihrer Geschichte spielt für Brasilianer immer noch eine grosse Rolle. Rassismus ist in der ethnisch gemischten Bevölkerung tief verwurzelt.
Die umstrittene Aktion fand am Dienstag in Cuiabá im Bundesstaat Mato Grosso statt. Veranstaltet wurde sie vom örtlichen Ableger der Kinder- und Jugendkommission des Anwaltsverbandes (CYC) und dem Verband für Adoptionsforschung und -förderung (Ampara).
Ziel sei es gewesen, «zur Adoption stehende Kinder und Jugendliche sichtbar zu machen», hiess es in einer Erklärung der Organisatoren. Jegliche Parallelen zu «dunklen Kapiteln unserer Geschichte» würden entschieden zurückgewiesen.
Die CYC-Vorsitzende von Mato Grosso, Tatiane de Barros Ramalho, erklärte: «Wie wir immer sagen, was die Augen sehen, fühlt das Herz.» Bei der Veranstaltung sei es darum gegangen, dass adoptionswillige Menschen zur Adoption stehende Kinder kennenlernen. Die Kinder und Jugendlichen hätten sich einen Tag lang für den Laufsteg frisiert, geschminkt und schön angezogen.
Das Nachrichtenportal veröffentlichte ein undatiertes Foto, das eine Jugendliche in weissem T-Shirt und rosa Rock zeigt, die über einen Laufsteg läuft und dabei von Zuschauern fotografiert und gefilmt wird. Ein Sprecher der Anwaltskammer sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Bild stamme nicht von der Veranstaltung vom Dienstag, sondern von einem ähnlichen Event im Jahr 2016.
Die für die Rechte von Kindern und Jugendlichen zuständige Regierungsstelle äusserte ihr Bedauern über die Parade. Der Staat müsse Kinder schützen, dazu zähle auch der Schutz ihrer Identität und ihrer Gefühle, hiess es. Die Veranstalter betonten, die Kinder seien mit ihren Pflegeeltern zu der Veranstaltung gekommen und keines von ihnen sei zur Teilnahme gezwungen worden.
Auch einige Internetnutzer verteidigten die Aktion. «Diese Modenschauen haben es ermöglicht, das Leben zahlreicher Jungen und Mädchen zu verändern», schrieb Julio Resende auf Facebook, der nach eigenen Angaben einer «Adoptivfamilie, die sehr dankbar für die Arbeit von Ampara ist,» angehört.
Richter Tulio Duailibi Souza, der die Veranstaltung unterstützt hatte, erklärte, es müsse «etwas getan werden, damit die Gesellschaft sich an diese Kinder erinnert.» «Ich kann nicht erkennen, dass diese Veranstaltung mehr Schaden als Gutes für diese Kinder, die ein neues Zuhause suchen, bewirkt hat.»
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Agencia Brasil unter Berufung auf das Nationale Adoptionsregister berichtete, warten in Brasilien mehr als 9500 Kinder und Jugendliche auf ihre Adoption.