Coronavirus: Immer mehr Kritik an Chinas Politik
Mehrere Staaten werfen China grosse Versäumnisse kurz nach dem Ausbruch des Coronavirus vor. Kritiker innerhalb des Landes wurden zudem zum Schweigen gebracht.
Das Wichtigste in Kürze
- Hohe Politiker mehrerer Staaten fordern wegen des Coronavirus Untersuchungen in China.
- Reporter ohne Grenzen kritisiert zudem die Zensur zu den ersten Virus-Berichten.
- Das habe verhindert, dass das Volk rechtzeitig über die Krankheit informiert wurde.
Vor knapp einem halben Jahr gab es zum ersten Mal Berichte über das neuartige Coronavirus in China. Doch noch heute herrscht Uneinigkeit über dessen genauen Ursprung.
Es mehren sich Stimmen, die China kritisieren und Offenheit verlangen. US-Präsident Donald Trump hat erst vor wenigen Tagen behauptet, das Virus hätte in China gestoppt werden können. Er warf der chinesischen Regierung deshalb Versäumnisse vor und drohte mit «Konsequenzen».
Offenheit und unabhängige Untersuchung bezüglich Coronavirus verlangt
Doch auch sonst wird China vorgehalten, erst in der zweiten Januarhälfte mit dem Coronavirus in die Öffentlichkeit gegangen zu sein. China streitet aber ab.
Die Behörden hätten der WHO bereits Ende 2019 über Fälle von Lungenentzündungen unbekannter Ursache berichtet. Das behauptete die chinesische Botschaft in Deutschland laut dem «Tagesspiegel».
Zudem hätten Teile der chinesischen Führung die These gestreut haben, US-Militärs könnten das Virus eingeschleppt haben. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller wirft China vor, es hätte «schneller in den internationalen Austausch treten müssen». China müsse nun vollkommene Offenheit zeigen, gerade in Bezug auf den Ursprung des Virus.
Australiens Aussenministerin Marise Payne forderte im australischen TV zudem eine unabhängige Untersuchung zum Ausbruch des Coronavirus. Sie sei über die Transparenz Chinas besorgt.
Presse-Zensur mitschuldig für die Verbreitung des Coronavirus?
Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) wirft Peking massive Verletzungen der Pressefreiheit vor. Dies mit fatalen Konsequenzen in der Corona-Krise: «Ohne die Zensur hätten die chinesischen Medien die Bevölkerung viel früher über den Ernst der Epidemie informiert. So hätten Tausende Leben gerettet und vermutlich die jetzige Pandemie verhindert werden können.»
Kritiker von Chinas Corona-Politik seien spurlos verschwunden. So etwa der Journalist Li Zehua, der unabhängig aus Wuhan berichtete. Oder der politische Kommentator Ren Zhiqiang, der die Versäumnisse der Regierung angeprangert hatte.
Recherchen von Forschern der Universität Toronto zeigen zudem Erschreckendes: So hätten chinesische soziale Medien bereits früh Corona-relevante Inhalte zensiert. Dies betreffe etwa Such- und Schlagwörter auf der Live-Streaming-Plattform YY oder beim in China beliebten Instant-Messenger WeChat.
Festnahmen wegen Verbreitung von Corona-Infos
Laut dem NGO Chinese Human Rights Defenders sind seit Beginn des Jahres mehr als 450 Internetnutzer festgenommen oder bestraft worden. Dies, nachdem sie Informationen über das Coronavirus geteilt hatten, die in den Augen der Behörden «falsche Gerüchte» sind. Die «Daily Mail» berichtet sogar von bisher über 5100 festgenommenen Chinesen.
Auf der neuen «Rangliste der Pressefreiheit» von ROG liegt China auf dem viertletzten von 180 Plätzen. Dabei ist das Verhalten der Staaten in der Corona-Krise bei der Umfrage unter Medienschaffenden noch gar nicht eingeflossen.
China lässt sich aber offenbar vom internationalen Druck nicht beirren. Es sei falsch, Chinas «Transparenz bei der Prävention und Kontrolle der Epidemie» infrage zu stellen. Das sagte Aussenamtssprecher Geng Shuang am Montag. Er beklagte eine Geringschätzung «der enormen Anstrengungen und Opfer des chinesischen Volkes» im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus.