In China bringen Engpässe bei der Kohleversorgung und Stromausfälle Unternehmen sowie Bürger zunehmend in die Bredouille. Kleinere Firmen gehen mittlerweile dazu über, Dieselgeneratoren anzuwerfen. Auch die Schwerindustrie leidet unter den Stromausfällen.
Kohle
Von einem Kohlekraftwerk steigt Rauch in den Himmel. - Keystone

In China bringen Engpässe bei der Kohleversorgung und Stromausfälle Unternehmen sowie Bürger zunehmend in die Bredouille. Kleinere Firmen gehen mittlerweile dazu über, Dieselgeneratoren anzuwerfen. Auch die Schwerindustrie leidet unter den Stromausfällen.

Kohle - in China die primäre Quelle für die Stromerzeugung - wird in den Vorratsspeichern der Kraftwerke knapp. Der Verband der Kohleindustrie warnte mit Blick auf die Versorgungssicherheit im Winter, er sei «nicht optimistisch».

Bei dem Energie-Engpass spielen neben den knappen Kohlevorräten auch strengere Emissionsnormen ein Rolle. Das hat zu weitreichenden Drosselungen des Stromverbrauchs geführt, während die Nachfrage nach Energie steigt. Manche Fabriken mussten wegen Stromknappheit und staatlichen Auflagen zur Einhaltung der Emissionsziele bereits vorerst dichtmachen.

Die mit rekordhohe Kosten für Kohle einhergehenden akuten Engpässe bei dem Brennstoff halten nun schon seit Wochen an. Im Zuge der Versorgungskrise ist es zu Stromausfällen in weiten Teilen des Landes gekommen. Besonders stark betroffen von den Engpässen sind drei Provinzen im Nordosten des Landes - insbesondere Liaoning mit einer Bevölkerung von fast 100 Millionen Menschen.

In deren Hauptstadt Shenyang besuchte Reuters am Donnerstag eine Grosswäscherei, die dazu übergegangen ist, Notstrom über Dieselaggregate zu erzeugen. Dennoch macht der Betrieb Minus. In einer Fabrik für Metallteile, die wegen der Engpässe vorübergehend schliessen musste, hat man vorerst auf die Anmietung eines solchen Aggregats verzichtet.

Doch wenn die Krise andauern sollte, will der Betrieb über eine Anschaffung nachdenken. Die staatlichen Planer wiesen Eisenbahngesellschaften und örtliche Behörden jüngst an, ihren Einsatz zur Versorgung der Kraftwerke mit Kohle zu verstärken.

Vielen Bürgern graut es bereits davor, dass es auch in der Heizperiode im Winter zu Stromausfällen kommen könnte: «Dann kommt keine Wärme mehr an», sagt ein 32-Jähriger Familienvater, der seine Familie im Winter nicht frieren sehen will.

China ist weltweit das Land mit dem grössten Hunger auf Kohle. Im August zog die Importmenge um mehr als ein Drittel an, während die verstärkte Nachfrage im eigenen Land auf einen Versorgungsmangel traf. Die von Januar bis August importierte Kohlemenge blieb allerdings um zehn Prozent unter dem im Vorjahreszeitraum eingeführten Volumen.

Die Stromausfälle haben im September Chinas Industrietätigkeit insgesamt gedrückt. Der offizielle Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes (PMI) lag im September bei 49,6 Zählern nach 50,1 Stellen im August, wie die Daten des Nationalen Statistikamtes (NBS) zeigten. Das Barometer rutschte damit zum ersten Mal seit Februar 2020 unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

Von Reuters befragte Analysten hatten erwartet, dass der Index unverändert darüber liegen würde. Chinas Wirtschaft hatte sich bereits weitgehend von der Pandemie erholt. Doch in den vergangenen Monaten schwächte sich die Dynamik ab. Dies auch, weil der riesige Produktionssektor mit höheren Rohstoffpreisen - insbesondere bei Metallen und Halbleitern - zu kämpfen hat. Hinzu kommen wegen der Kohleknappheit und strengeren Emissionsnormen nun auch noch die Stromrationierungen.

Die US-Bank Goldman Sachs schätzt, dass rund 44 Prozent der chinesischen Industrieaktivitäten von den Stromengpässen betroffen sind, was das Wirtschaftswachstum drücken dürfte. Auch wenn die Stromversorger-Lobby betont, dass die Kohlekraftwerke ihre «Versorgungswege um jeden Preis» ausweiteten, um die Wärmeversorgung im Winter sicherzustellen, bleiben Fragen offen.

Händler verweisen darauf, dass dies nicht leicht werde, da bei grossen Kohleexportländern wenig mehr herauszuholen sei. Der anhaltende Handelsstreit mit Australien, dem weltweit zweitgrössten Kohleexporteur, hat dazu geführt, dass Lieferungen nach China stark eingeschränkt wurden.

Russland fokussiert sich laut den Händler eher auf die Versorgung Europas. Und im Kohle-Exportland Indonesien komme es wegen massiver Regenfälle zu Produktionsausfällen. Sie verweisen zudem darauf, dass es auf der Versorgungsroute aus dem kohlereichen Nachbarland Mongolei wegen Problemen beim Fernverkehr hapere.

Die Regierung in Peking will den Stromverbrauch in diesem Jahr um drei Prozent drücken, um die eigenen Klimaziele zu erreichen. Die Provinzregierungen hatten deshalb die Vorgaben für den Stromverbrauch zuletzt nochmals verschärft. Mancherorts dürfen die Einwohner keine Wasserkocher oder Mikrowellen benutzen, Einkaufszentren müssen früher schliessen. Die Fähigkeit des Landes, Emissionen zu reduzieren, wird als entscheidend im globalen Kampf gegen den Klimawandel angesehen.

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