Wie China das Coronavirus zu kaschieren versucht
Während das Coronavirus die ganze Welt in Aufregung versetzt, geben chinesische Medien nur spärlich Informationen weiter. Ein Experte erläutert, warum.
Das Wichtigste in Kürze
- Das neuartige Coronavirus hat in China schon über 100 Menschenleben gefordert.
- Die chinesischen Medien spielen die Gefahr jedoch herunter.
- Ein Experte erklärt, wie das Virus das autoritäre System auf die Probe stellt.
Das Coronavirus dominiert die Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Bereits über 100 Menschen starben in China, bestätigte Fälle gibt es etwa in den USA oder Frankreich und Verdachtsfälle in der Schweiz.
Doch während Amerikaner oder Franzosen gar ihre Staatsangehörigen aus China evakuieren, kaschieren chinesische Medien die Situation. Eine solche Evakuierung sei unnötig, liess das Aussenministerium am Montag verlauten. Auch sprechen sie von deutlich weniger Infizierten, als es die Weltgesundheitsorganisation WHO tut.
Wiederholt sich das Desaster wie bei Sars 2002?
Ralph Weber beobachtet die Informationsvermittlung in China seit Jahren. Der Professor am Europainstitut der Universität Basel hält fest: «Der chinesische Staat und die Kommunistische Partei steuern und kontrollieren die Medien – von Zeitungen bis Social Media – fast vollständig.»
Weber ist überzeugt: «Das ist mit Sicherheit auch bei der Berichterstattung zum Coronavirus der Fall.»
Ein Beispiel dafür: der vergangene Donnerstagabend. Weltweit wurden die rasant steigenden Todeszahlen in China thematisiert. In den Abendnachrichten des staatlichen Fernsehens wurden die Toten und Infizierten am Donnerstagabend mit keinem Wort erwähnt.
Doch das Coronavirus wird in den chinesischen Medien nicht etwa ignoriert. Der Fokus liegt jedoch im Positiven. So etwa, dass China bis Anfang Februar in Wuhan ein Spezialkrankenhaus aus dem Boden stampft. Oder sie zeigen feierliche Bilder der Ansprache des Präsidenten Xi Jinping vom Neujahrsfest.
Gemäss «New York Times» wurden letzte Woche vier Journalisten aus Hongkong verhaftet, als sie in einem Spital mit Erkrankten filmten. Viele befürchten, dass in China das Ausmass der Seuche – wie schon bei Sars 2002 – verschwiegen werde.
China wurde vorgeworfen, viel zu spät über die Sars-Entwicklung informiert zu haben. Der erste Fall des Coronavirus trat Anfang Dezember auf, dessen Existenz meldete China der WHO jedoch erst am 31. Dezember.
Warum?
Autoritäres China wird durch Coronavirus auf die Probe gestellt
Weber vom Europainstitut erläutert: «Die Volksrepublik China möchte zeigen, dass sie eine Grossmacht ist und dass ihr politisches System ein attraktives Gegenmodell zu westlichen Demokratien anbietet.» Bei den gegenwärtigen Ereignissen rund um das Coronavirus «drohen aber auch die Schwächen eines autoritären Systems hervorzutreten».
Von der Parteiführung Chinas und letztlich von Peking werde erwartet, das «Problem Coronavirus» zu lösen. «Tut sie das nicht oder nicht gut genug, entsteht ein Druck, der systemgefährdend sein kann.»
So forderten viele Bürger in den sozialen Medien den Rücktritt des Bürgermeisters von Wuhan. Dieser gab zu, dass «die Warnungen der Stadt nicht ausreichend waren».
Weber betont: «Letztlich geht es um die Legitimität des autoritären Regimes, die mit der Coronavirus-Krise auf die Probe gestellt wird.»