Facebook steht in der Kritik wie selten zuvor. Was macht Gründer und Chef Mark Zuckerberg? Er weist die Vorwürfe als koordinierte Kampagne zurück und richtet den Konzern auf junge Nutzer aus.
Die Zahl täglich bei Facebook aktiver Nutzer stieg binnen drei Monaten von 1,91 auf 1,93 Milliarden. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Die Zahl täglich bei Facebook aktiver Nutzer stieg binnen drei Monaten von 1,91 auf 1,93 Milliarden. Foto: Thibault Camus/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Facebook will unter dem Konkurrenzdruck des chinesischen Rivalen Tiktok vor allem für junge Nutzer attraktiver werden.
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Alle Facebook-Apps bekämen das Ziel, zu besten Diensten für junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 29 Jahren zu werden, «statt für eine grössere Zahl älterer Leute zu optimieren», sagte Gründer und Chef Mark Zuckerberg. Zugleich steckt Facebook Milliarden in den Aufbau einer virtuellen Welt, die Zuckerberg als nächste Kommunikations-Plattform sieht. Das Werbegeschäft bringt trotz der aktuellen PR-Krise und Apples Datenschutz-Hürden weiter hohe Gewinne.

Die Ausrichtung auf junge Nutzer werde Konsequenzen haben, sagte Zuckerberg in einer Telefonkonferenz mit Analysten. In anderen Altersgruppen werde es dadurch vermutlich weniger Wachstum geben - es sei aber auf lange Sicht der richtige Ansatz. Zugleich werde es «Jahre und nicht Monate dauern, den Wandel ganz umzusetzen».

Vorbild Tiktok

Den Videodienst Tiktok bezeichnete der Facebook-Chef als «einen der effizientesten Konkurrenten, dem wir je gegenüberstanden». Konkret scheinen die Pläne unter anderem zu bedeuten, dass bei Facebook und dem Fotodienst Instagram kurze Videos - das Tiktok-Kerngeschäft - stärker in den Vordergrund rücken werden. Zuletzt kamen bereits 60 Prozent der Werbeerlöse im Videobereich von Clips im Hochformat, die weniger als 15 Sekunden lang waren.

Junge Erwachsene seien traditionell eine «starke Basis» gewesen, sagte Zuckerberg. «Und das ist wichtig, denn sie sind die Zukunft.» Im vergangenen Jahrzehnt sei die Nutzerschaft aber vielfältiger geworden und Facebook habe sich darauf fokussiert, für alle dazusein. Nun sollten die Bedürfnisse der Jüngeren der «Leitstern» werden. Der Schwenk könnte finanzielle Gründe haben: Unter den zuletzt öffentlich gewordenen Facebook-Dokumenten sind auch Analysen, denen zufolge die Plattform in den USA weniger von jungen Menschen genutzt werde.

Schwere Vorwürf von Whistleblowerin

Die aktuelle Welle kritischer Medienberichte auf Basis interner Unterlagen wies Zuckerberg als «koordinierten Versuch» ab, Facebook im falschen Licht darzustellen. Unter den Vorwürfen, die auf die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen zurückgehen, wiegt besonders schwer, der Konzern habe dank Umfragen und Datenanalysen durchaus gewusst, dass seine Dienste im realen Leben Schaden anrichteten - aber dies ignoriert, um Geld zu verdienen.

Bisher kein neuer Konzername

Einen Änderung des Konzernnamens, über die seit vergangener Woche spekuliert wird, gab es zur Vorlage der Quartalszahlen nicht. Medienberichten zufolge soll ein neuer Name andere Apps wie Instagram aus dem Schatten von Facebook - der ersten und wichtigsten Plattform der Firmengruppe - führen. Zugleich gehe es auch darum, die Evolution hin zum «Metaverse» zu verankern - einer virtuellen Umgebung, in der reale und digitale Welten ineinander greifen. Zuckerberg bekräftigte erneut, dass er darin die Zukunft der Kommunikation sehe.

Auch ohne einen neuen Konzernnamen nehmen die «Metaverse»-Aktivitäten immer mehr Gestalt an. So kündigte Facebook an, dass der bisherige Bereich rund um virtuelle Realität - die Facebook Reality Labs - vom kommenden Quartal an separat in der Bilanz ausgewiesen werden solle.

Die Reality Labs dürften der Unternehmensteil sein, in dem das «Metaverse» in den kommenden Jahren vor allem entwickelt wird. Im aktuellen Quartalsbericht hiess es, dass die Investitionen in die Sparte den operativen Gewinn von Facebook allein in diesem Jahr um rund zehn Milliarden Dollar drücken würden. Mehr Kosten folgen: In den nächsten ein bis drei Jahren werde der Konzern erst eine Basis für das «Metaverse» schaffen, sagte Zuckerberg. «Das ist keine Investition, die für uns in absehbarer Zukunft profitabel sein wird.»

Analyst Mike Proulx von der Beratungsfirma Forrester Research betonte in einem Kommentar, dass das «Metaverse» Facebook nicht schlagartig verbessern werde. Wenn die Firma weiter etwa mit Falschinformationen, extremistischen Inhalten und Datenschutz-Ärger zu kämpfen habe, «werden diese Probleme Facebook ins Metaverse folgen», warnte er.

Geld aus Werbegeschäft

Das Geld für Facebooks Zukunftsprojekte liefert nach wie vor das Werbegeschäft. Im dritten Quartal stiegen die Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um rund ein Drittel auf 28,3 Milliarden Dollar. Dabei beklagte Facebook noch «Gegenwind» vor allem durch Apples neue Regeln für mehr Privatsphäre auf dem iPhone.

Alle App-Entwickler müssen seit Sommer iPhone-Nutzer ausdrücklich um Erlaubnis fragen, wenn sie ihre Aktivitäten quer über verschiedene Anwendungen und Dienste hinweg zu Werbezwecken verfolgen wollen. Laut Umfragen lehnen die meisten Nutzer dies ab. Entsprechend geraten viele bisherige Geschäftsmodelle der Werbebranche durcheinander. Facebook zufolge wurde es schwieriger, die Werbung zu personalisieren und Werbekunden Daten zur Effizienz ihrer Anzeigen zu liefern.

1,93 Milliarden aktive Nutzer

Beim gesamten Konzernumsatz im vergangenen Quartal verfehlte Facebook nun die Erwartungen der Analysten. Sie hatten im Schnitt mit gut 29,5 Milliarden Dollar gerechnet. Facebook schaffte ein Plus von 35 Prozent auf 29 Milliarden Dollar (rund 24,5 Mrd Euro). Aber zugleich übertraf der Konzern die Marktprognose beim Gewinn je Aktie. Unterm Strich verdiente Facebook rund 9,2 Milliarden Dollar - das waren 17 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.

Die Zahl täglich bei Facebook aktiver Nutzer stieg binnen drei Monaten von 1,91 auf 1,93 Milliarden. Auf mindestens eine App aus dem Facebook-Konzern - wie zum Beispiel Instagram oder WhatsApp - griffen zuletzt täglich 2,81 Milliarden Nutzer zu. Das waren 50 Millionen mehr als am Ende des zweiten Quartals.

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