Auf Londons Strassen bezahlt man mit Karte

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Grossbritannien,

Bargeld ist passé. Auf den Strassen Londons kann man immer häufiger mit Karte bezahlen. Ein Umdenken, damit die Strassenkunst nicht ausstirbt.

Ein Mann zieht eine Visa-Karte durch ein Kartenlesegerät.
Ein Mann zieht eine Visa-Karte durch ein Kartenlesegerät. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf den Strassen Londons wird immer häufiger mit Karte statt mit Bargeld bezahlt.
  • Die Kartenzahlung sei wichtig – sonst sterbe die Strassenkunst aus.

Jahrhundertelang lebten Künstler und Verkäufer auf Londons Strassen vom Kleingeld der Passanten. Doch das Bargeld kommt in der britischen Hauptstadt aus der Mode – und die Künstler und Händler müssen umdenken: Die Strassensängerin Charlotte Campbell war eine der ersten, die sich anpassten und ein Kartenterminal zum bargeldlosen Bezahlen anschafften. «Die Zeiten ändern sich in London, die Leute neigen dazu, alles mit Karten zu bezahlen», sagt Campell, die fast täglich im Schatten des Riesenrades London Eye auftritt.

«Strassenmusik wird sonst zu einer sterbenden Kunst, wenn die Leute kein Bargeld mehr dabei haben», sagt Campbell. Zwischen fünf und zehn Prozent ihres Einkommens kommen inzwischen von Bankkarten, die an ihren kontaktlosen Kartenleser gehalten werden. Durch ihr Telefon hat sie ihn so programmiert, dass jeweils zwei Pfund belastet werden.

Keine Zuschläge

Die Zahlen des Finanzministeriums geben ihr Recht: Demnach wurden 2016 nur noch 40 Prozent aller inländischen Zahlungen mit Bargeld abgewickelt, verglichen mit 62 Prozent 2006. Bis 2026 prophezeit die Behörde einen Rückgang der Bargeldzahlungen auf 21 Prozent, was Grossbritannien an den Rand einer bargeldlosen Gesellschaft brächte.

Im Januar beschleunigte die Regierung den Prozess, indem sie es Händlern verbot, Zuschläge für die Verwendung von Debit- oder Kreditkarten zu erheben - damit beseitigte sie einen der wenigen Nachteile für digitale Zahlungen für Verbraucher. Auch viele Mittagslokale in der Londoner City kassieren inzwischen nur noch bargeldlos. Grosse Schilder warnen Kunden dort, dass keine Münzen und Scheine mehr angenommen werden. Auch einige Strassenverkäufer des Obdachlosenmagazins «Big Issue» führen inzwischen Kartenleser mit sich, um auch bei Passanten ohne Bargeld zu kassieren.

«Viel besser als Bargeld»

In der Christ Church in East Greenwich geht während der Sonntagsmesse noch der traditionelle Kollekte-Beutel herum. Doch auch Pfarrerin Margaret Cave hat seit kurzem ein Kartenlesegerät im Einsatz: «Ich habe Kartenzahlungen von unserem 93-jährigen Gemeindemitglied», sagt sie. «Man weiss, dass es sicher vom Konto geht, niemand kann es abzweigen – also ist es viel besser als Bargeld in dieser Hinsicht.»

Doch nicht jeder ist von den Vorteilen einer komplett bargeldlosen Volkswirtschaft überzeugt. «Die grossen Probleme einer bargeldlosen Gesellschaft sind das Überwachungselement - man weiss, was Sie tun, die finanzielle Ausgrenzung – Sie können vom System ausgeschlossen werden, und die Frage der Cybersicherheit», sagt der Finanzexperte Brett Scott.

«Kalter Krieg gegen das Bargeld»

Banken, Kartenfirmen, Staat und Finanztechnologiebranche seien seit 20 Jahren in einem «kalten Krieg gegen das Bargeld», warnt Scott. «In gewisser Weise ist das ein bisschen wie die Gentrifizierung der Zahlung. Sie versuchen, alle Arten von informellen oder nicht-institutionellen Aktivitäten digital einzuhegen, um sie von grossen Institutionen beobachten und verwalten zu können.»

Tatsächlich wollen auch Behörden weg vom Bargeld, weil die digitale Erfassung von Transaktionen Steuerhinterziehung und Terrorismus-Finanzierung erschwert. Doch könnten Obdachlose, Flüchtlinge und andere Bürger ohne Bankkonto von diesem neuen Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden, warnt Scott.

Wie riskant es ist, sich allzu sehr auf digitale Zahlungen zu verlassen, zeigt ein Vorfall im Juni: An einem Freitagabend waren 5,2 Millionen Transaktionen mit Visa-Karten – davon allein 2,4 Millionen im Vereinigten Königreich – über mehrere Stunden blockiert, sodass Pubs, Läden und Restaurants zur besten Feierabendzeit kaum Geschäfte machen konnten.

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