Augenzeugin erklärt: «Halle war auch antifeministischer Angriff»
Eine Nebenklägerin und Augenzeugin spricht in einem Video über die sozialen Ausmasse des Halle-Attentats. Der Angriff sei nicht nur antisemitisch gewesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Prozess zum Attentat in Halle läuft seit gestern Dienstag.
- In diesem Zusammenhang geht das Video einer Nebenklägerin und Augenzeugin viral.
- Sie warnt vor ähnlichen Angriffen und mahnt, dass der Fall grösser ist als gedacht.
Am Dienstag startete der Prozess gegen den Attentäter von Halle. Der Gerichtsprozess ist auf mehrere Monate angesetzt, das öffentliche Interesse ist gewaltig. Am zweiten Tag des Prozesses geht es um das Video, welches der Täter von der Tat veröffentlichte.
Während dem ersten Verhandlungstag offenbarte Stephan Balliet (28) ein zutiefst menschenfeindliches, von rassistischen Verschwörungstheorien geprägtes Weltbild. Er gestand die 13 ihm vorgeworfenen Straftaten ein.
Nun spricht eine Nebenklägerin und Augenzeugin über das Attentat.
Im Interview mit der alternativen Videoplattform «Leftvision» erzählt sie, wie sie den Angriff des Täters auf die Synagoge erlebte und welche Auswirkungen solche Taten auf die Gesellschaft haben. Und dass das Attentat eben nicht nur eine Gefahr für Juden und Jüdinnen, sondern für alle darstellt.
Das Video geht derzeit viral – Tausende verbreiten ihre Aussagen im Netz.
Halle war nicht nur antisemitisch motiviert
«Es gab diesen Moment, in dem wir darauf warteten, dass uns jemand zu Hilfe kommt», erinnert sich die Augenzeugin an den Tag. Als die Hilfe nie kam, versteckten sie sich im Dachstock der Synagoge. Ganze 20 Minuten später traf die Polizei erst vor Ort ein.
Auch spricht sie über die sofortige Viktimisierung der Juden und Jüdinnen in den Medien. Diese setze klar ein falsches Zeichen, denn das Attentat war ihrer Meinung nach kein isoliert antisemitischer Angriff.
Der Anschlag in Halle sei «nicht nur ein antisemitischer, sondern auch ein antifeministischer und rassistischer Anschlag». Denn: Die erste Person, die Balliet erschossen hatte, war eine Frau. Der Täter stellte ebenfalls klar, dass er keine Reue an diesem Mord empfand, die Frau habe kein Recht gehabt, ihm zu widersprechen.
Im Dönerladen hat der Täter nach eigenen Angaben nach Hautfarbe geschossen. «Und wenn man sich auf Halle als antisemitischer Angriff fokussiert, dann ist es leicht zu sagen: ‹Gut, wir erhöhen einfach die Polizeipräsenz vor Synagogen.›»
Rassistische Mentalität bleibt vorhanden
Doch für Sabrina ist klar: Das Problem ist die generelle rassistische Mentalität. «Im Prozess möchten wir Kläger uns darauf fokussieren, dass man die Sache als grösseres Problem ansieht.»
Auch die Tatsache, dass es sich bei solchen Attentätern sehr oft um Einzelgänger handelt, die im Internet radikalisiert werden, müsse sich dringend ändern. «Die Vorstellung vom einsamen Wolf vereinfacht es der Gesellschaft, das Problem nicht als strukturelles anzusehen.»
Sie betont: Täter in Fällen wie dem Anschlag von Halle werden nicht nur im Netz radikalisiert, sondern auch von anderen Tätern inspiriert. «Es ist kein Einzelfall.»
Für den Prozess des Halle-Attentats wurden 18 Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt.