Baywa will 73 Mio. Euro Schadenersatz vom Bundeskartellamt
Das Bundeskartellamt verhängt bei verbotenen Preisabsprachen häufig hohe Bussgelder. Nun wehrt sich ein prominentes Unternehmen vor Gericht. Falls die Klage Erfolg hat, müsste die Behörde die auferlegte Strafe quasi selbst zahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Deutschlands grösster Agrarhandelskonzern Baywa will vor Gericht 73 Millionen Euro Schadenersatz vom Bundeskartellamt erstreiten.
Vorstandschef Klaus Josef Lutz warf der Bundesbehörde am Donnerstag einen Verstoss gegen die Grundsätze von Gleichbehandlung und fairem Verfahren vor. Anlass ist ein kürzlich abgeschlossenes Kartellverfahren bei Pflanzenschutzmitteln, das für die Baywa mit einer Geldbusse von knapp 69 Millionen Euro endete. Die Behörde wies die Vorwürfe zurück und erklärte, das Unternehmen hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, sich von seinen Taten zu distanzieren.
Das Kartellamt hatte in dem Fall wegen verbotener Preisabsprachen ermittelt und mehreren beteiligten Unternehmen hohe Geldbussen auferlegt. Die Baywa wirft einem Kartellamts-Mitarbeiter vor, drei konkurrierende Agrarhändler vorab über einen anonymen Hinweis informiert zu haben - weswegen diese drei Firmen laut Baywa dann Kronzeugenantrag stellen konnten und straffrei ausgingen.
«Es darf nicht sein, dass die Behörde willkürlich einzelne Unternehmen bevorzugt und damit entscheidet, welches Unternehmen bussgeldfrei bleibt», warf Lutz dem Amt vor. Deswegen will die Baywa vor dem Landgericht Köln einen Anspruch auf Amtshaftung durchsetzen. Falls die Baywa vor Gericht in vollem Umfang gewinnen sollte, würde dies darauf hinauslaufen, dass das Kartellamt dem Unternehmen die Busse samt ebenfalls millionenteurer Anwaltskosten ersetzen müsste.
«Die Schadenersatzklage überrascht, da die Baywa die begangenen Taten und Verstösse gegen das Kartellrecht eingeräumt hat», sagte ein Sprecher des Kartellamts in Bonn dazu. Der Vorwurf sei unzutreffend. «Ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen wie die Baywa hat jederzeit die Möglichkeit, sich aus eigener Initiative und ohne Anstoss durch die Kartellbehörde von seinen illegalen Taten zu distanzieren und bei der Kartellbehörde als Kronzeuge aufzutreten.» Aufgrund der Indizienlage gab es laut Stellungnahme der Behörde «zwingende Gründe», die Baywa nicht anzusprechen. «Solche und andere Ermittlungsmassnahmen sind notwendig, um geheime Kartelle überhaupt aufdecken zu können.»