Betrugsverdacht: NRW stoppt Zahlung von Corona-Soforthilfen
In Nordrhein-Westfalen werden mehrere Tausend Unternehmen und Selbstständige vorerst keine beantragten Corona-Soforthilfen bekommen. Der Grund: Betrüger haben über gefälschte Formulare im Netz Daten abgefischt - wohl um selbst Anträge zu stellen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nordrhein-Westfalen stoppt wegen Betrugsverdachts vorübergehend die Soforthilfe-Auszahlungen für Selbstständige und Unternehmen in der Corona-Krise.
Dabei sollen über gefälschte Websites Daten für betrügerische Anträge abgegriffen worden sein.
Von dem Auszahlungs-Stopp seien mehrere Tausend Antragsteller betroffen, sagte ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums. Wann die Zahlungen wieder aufgenommen werden könnten, sei noch nicht abzusehen. Andere Bundesländer setzen die Auszahlungen fort.
Laut dem Landeskriminalamt (LKA) haben Betreiber von Fake-Seiten «mit gefälschten Antragsformularen Daten abgefischt und diese mutmasslich für kriminelle Machenschaften genutzt». Offenbar stellten die Täter dann selbst betrügerische Anträge.
Die Links zu den falschen Formularen wurden nach bisherigen Hinweisen als Anzeigen an die Spitze der Suchergebnisse gebracht. Die Websites mit der Endung «.de» hatten ähnliche Namen wie die echte Antragsseite unter der Adresse und waren zum Teil täuschend echt gestaltet. Die Adresse einer Seite, die am Donnerstagmorgen zunächst noch online war, enthielt zum Beispiel die Worte Soforthilfe, NRW und Antrag. Der Anbieter der Seite sitzt laut dem Internetdienst «whois» aber in der Slowakei.
Die Ermittlungsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die gefälschten Internetseiten beschlagnahmen und abschalten zu lassen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Das LKA hatte am Mittwochabend vor gefälschten Corona-Soforthilfe-Internetseiten gewarnt.
Ob in Nordrhein-Westfalen bereits ein finanzieller Schaden entstanden ist, konnte der Sprecher des Ministeriums nicht sagen. «In den kommenden Tagen wird die Ermittlergruppe ihre Recherchen fortsetzen, um betrügerische Anträge zu identifizieren», teilte die Behörde mit.
Sowohl der Bund als auch das Land hatten direkte Zuschüsse für Unternehmen beschlossen, deren Geschäft angesichts der Corona-Pandemie leidet oder ganz ausfällt. Betriebe mit bis zu fünf Angestellten können 9000 Euro beantragen, Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15.000 Euro. Mittelgrosse Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern können 25.000 Euro bekommen. In den vergangenen Wochen wurden bereits Hunderttausende Anträge in NRW bewilligt. Anträge könnten weiter gestellt werden.
Auch das Berliner Landeskriminalamt (LKA) ermittelt in mehreren Fällen wegen Betrugs bei den Soforthilfen, nähere Details dazu gab es am Donnerstag aber zunächst nicht.
In Mecklenburg-Vorpommern verwies Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) darauf, dass in dem Bundesland nur Anträge per Post angenommen werden. «Das mag auf den ersten Blick etwas altmodisch sein, hilft uns momentan beim Schutz vor digitalem Betrug.» Auch in Sachsen-Anhalt, wo kein reines Online-Verfahren angeboten wird, sind dem dortigen Wirtschaftsministerium keine Betrugsfälle bekannt. In Bayern hiess es, es seien keine Betrugsversuche aufgefallen - in Niedersachsen zumindest keine nennenswerten Betrugsversuche.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kündigte an, alle Antragsteller müssten sich darauf einstellen, dass auch später noch alle gemachten Angaben kontrolliert werden. «Wer dort betrügt, muss auch mit Sanktionen rechnen», sagte er dem Radiosender NDR 90,3.