Deutsche Richter kippen Verbot der geschäftsmässigen Sterbehilfe
Das Wichtigste in Kürze
- Es gebe ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, sagte Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle, am Mittwoch bei der Verkündung des Urteils.
Das schliesse die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen.
Der neue Strafrechtsparagraf 217 mache das weitgehend unmöglich. Die Richter erklärten das Verbot nach Klagen von Kranken, Sterbehelfern und Ärzten daher für nichtig.
Paragraf 217 stellt die «geschäftsmässige Förderung der Selbsttötung» unter Strafe. Bei Verstössen drohen bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Nur Angehörige und «Nahestehende», die beim Suizid unterstützen, bleiben in Deutschland straffrei.
Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Suizidhilfe-Vereine wie Sterbehilfe Deutschland oder Dignitas aus der Schweiz ihre Angebote für zahlende Mitglieder ausweiten und gesellschaftsfähig werden. Niemand sollte sich unter Druck gesetzt fühlen, seinem Leben ein Ende zu setzen.
Professionelle Sterbehelfer hatten ihre Aktivitäten in Deutschland seither weitgehend eingestellt, aber vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Verbot geklagt - genauso wie mehrere schwerkranke Menschen, die deren Dienste in Anspruch nehmen möchten.
Hinter anderen Verfassungsbeschwerden stehen Ärzte, die befürchten, sich bei der palliativmedizinischen Behandlung todkranker Menschen strafbar zu machen. Manche von ihnen wünschen sich auch die Freiheit, Patienten in bestimmten Fällen ein tödliches Medikament zur Verfügung stellen zu dürfen.
Sterbehilfe-Vereine lassen sich ihre Dienste meist bezahlen. «Geschäftsmässig» im juristischen Sinne bedeutet aber nicht gewerblich, sondern so viel wie «auf Wiederholung angelegt».
Aktive Sterbehilfe - also die Tötung auf Verlangen, zum Beispiel durch eine Spritze - ist und bleibt in Deutschland verboten. Bei der assistierten Sterbehilfe wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es aber selbst ein.