Edeka und Heinz beenden Ketchup-Streit

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Deutschland,

Die Auseinandersetzungen zwischen Handel und Herstellern um Preise und Lieferkonditionen nehmen an Schärfe zu. Das sorgt immer öfter für Lücken in den Regalen. Doch auf welcher Seite steht der Verbraucher?

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Die USA ruft einen Ketchup Notstand aus. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Monaten suchen Grillfreunde in den Edeka-Regalen vergeblich nach Ketchup- und Grillsossen des Marktführers Kraft Heinz.

Der US-Konzern hatte die Belieferung des grössten deutschen Lebensmittelhändlers nach einem heftigen Streit um die Lieferpreise Ende Januar eingestellt.

Doch gerade noch rechtzeitig zum Höhepunkt der Grillsaison beendeten der Ketchup-Gigant und der Handelsriese jetzt ihren Konflikt.

Der Streit sei beigelegt und Edeka werde wieder mit Ketchup- und Grillsossen des Marktführers beliefert, erklärte ein Edeka-Sprecher am Mittwoch. Zuvor hatte die «Lebensmittel Zeitung» darüber berichtet. Der US-Konzern äusserte sich offiziell nicht zur Einigung. Auf welche Konditionen sich die Streithähne am Ende verständigten, darüber wurde - branchentypisch - Stillschweigen bewahrt.

Der heftige Streit zwischen Edeka und Kraft Heinz ist beileibe kein Einzelfall. Im Gegenteil: Im deutschen Lebensmittelhandel eskalieren seit einiger Zeit die Konflikte zwischen den grossen Ketten und Markenherstellern. Und immer öfter wird dabei zur schärfsten Waffe - der Auslistung oder dem Lieferstopp - gegriffen.

So beendete die Handelskette Kaufland zum Jahresende 2018 im Streit um Lieferpreise die Zusammenarbeit mit dem Markenhersteller Unilever und verbannte bekannte Marken wie Knorr, Mondamin, Pfanni, Dove, Duschdas oder Signal aus den Regalen. Edeka boykottierte im vergangenen Jahr zusammen mit europäischen Verbündeten wie Intermarché und Coop Schweiz monatelang fast 200 Produkte des Schweizer Lebensmittelriesen Nestlé.

Proteste der Verbraucher muss der Handel dabei kaum erwarten. Nach einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman stört es nicht einmal ein Viertel (23 Prozent) der Konsumenten, wenn Markenprodukte im Laden fehlen. Drei von vier Verbrauchern bemerken die Lücken im Regal gar nicht. Mehr als die Hälfte der Verbraucher ist es nach eigenem Bekunden egal, wenn der Händler einzelne Markenprodukte aus dem Sortiment streicht. Und vielleicht am Wichtigsten: Drei Viertel der Konsumenten sehen ihre Interessen eher vom Handel als von den Herstellern vertreten.

«Supermärkte geniessen bei den Verbrauchern derzeit offenkundig mehr Vertrauen als selbst renommierte Marken», beobachtet Handelsexperte Rainer Münch von Oliver Wyman. Angesichts dieses Rückhalts ist Münch überzeugt: «Die Konsumgüterhersteller müssen sich darauf einstellen, dass der Handel bei Verhandlungen seine aggressive Strategie fortsetzt, ja forciert.»

Tatsächlich scheinen heute selbst bekannte Marken längst nicht mehr so unverzichtbar zu sein wie früher. Im Bemühen, die Gewinnmargen zu steigern, seien viele Marken in den vergangenen Jahren «auf Verschleiss gefahren» worden, beobachtete bereits das «Handelsblatt».

In der Branche wird vielen Markenartiklern ausserdem immer wieder Innovationsschwäche vorgeworfen. Um die Kunden dennoch mit Neuigkeiten versorgen zu können, machen die Handelsriesen in jüngster Zeit in den Regalen immer öfter Platz für Lebensmittel-Start-ups wie Ankerkraut, Little Lunch oder Just Spices. Auch das geht in der Regel zu Lasten der altbekannten Platzhirsche. Und ausserdem machen die Handelsketten selbst den Markenartiklern mit ihren Eigenmarken immer stärker Konkurrenz.

Edeka etwa versuchte in den vergangenen Monaten, die durch den Lieferstopp von Kraft Heinz entstandenen Lücken im Regal mit einer neuen Eigenmarke «Papa Joe's» zu füllen. Ein Edeka-Sprecher betonte, das neue Produkt sei von den Kunden sehr gut angenommen worden. Dennoch berichtete die «Lebensmittel Zeitung» unter Berufung auf Marktforscher, dass Edeka-Rivale Rewe von dem Konflikt profitiert habe.

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