Entführung eines 13-Jährigen verstört Belgien

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Belgien,

Terrorismus oder einfaches Verbrechen? Das fragen sich jetzt viele in Belgien. Denn die Hintergründe eines brutalen Kidnapping-Falls sind nebulös. Nur eines beruhigt: Der Junge lebt.

Staatsanwalt Guido Vermeiren (l) und Kris Vandepaer von der föderalen Kriminalpolizei Limburg, bei einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hasselt zu der Entführung eines 13-jährigen Jungen. Foto: Marc Dirix/BELGA/dpa
Staatsanwalt Guido Vermeiren (l) und Kris Vandepaer von der föderalen Kriminalpolizei Limburg, bei einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hasselt zu der Entführung eines 13-jährigen Jungen. Foto: Marc Dirix/BELGA/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es ist die längste Geiselnahme eines Kindes in Belgien, ein verstörendes Verbrechen, das zum Glück erstmal ein glimpfliches Ende fand.

Ein 13-jähriger Junge, der Mitte April von schwer bewaffneten und maskierten Gewalttätern aus seinem Elternhaus entführt worden war, ist nach 42 Tagen wieder frei und unversehrt. Sechs Verdächtige sind hinter Gittern, ein siebter nur unter Auflagen frei. So viel steht fest. Doch fast alle anderen Fragen sind offen.

Wer sind die sieben Männer, gegen die ein Ermittlungsrichter in der ostbelgischen Provinz Limburg in der Nacht zum Dienstag Haftbefehl erliess? Ist tatsächlich der in Belgien bekannte Islamist Khalid B. darunter? Wo liegt das Motiv? Sind Vater und Onkel des Opfers tatsächlich wegen Drogenhandels verurteilt? Floss Lösegeld? Wo war der Junge gefangen? Wie geht es ihm? Leider kein Kommentar, sagt Pieter Strauven, Sprecher der Staatsanwaltschaft Limburg, am Dienstag.

So bleibt zunächst nur die Skizze dieses verworrenen Falls, die die Ermittler nach der Freilassung des Kindes in der Nacht zum Montag zeichneten. Nach offiziellen Angaben dringen in der Nacht vom 20. auf den 21. April schwer bewaffnete und maskierte Entführer in das Zuhause der Familie im ostbelgischen Genk ein und verschleppen den 13-Jährigen mit Gewalt. Sie nutzen ein gestohlenes Fahrzeug. Während der 42 Tage der Geiselnahme gibt es immer wieder Kontakte zwischen den Entführern und der Familie des Opfers. Lösegeld wird gefordert. Zwei Mal schicken die Entführer Lebenszeichen des Kindes.

In der Nacht zum 1. Juni dann wird der Junge etwa einen Kilometer von seinem Elternhaus entfernt ausgesetzt und geht zu Fuss nach Hause. Sobald das Kind in Sicherheit ist, beginnen Razzien in der Provinz Limburg und in Antwerpen, sieben Männer im Alter von 24 bis 45 Jahren werden festgesetzt. Jetzt wurde der Fall, an dem 25 Ermittler sechs Wochen lang rund um die Uhr gearbeitet haben, öffentlich bekannt gemacht. Mehrere Journalisten, die von der Sache wussten, haben bislang still gehalten, um das Kind zu schützen.

Nun verbreiten Medien Details, die der freundliche Behördensprecher Strauven leider nur mit «kein Kommentar» quittieren kann. So soll das geforderte Lösegeld fünf Millionen Euro betragen haben - und zumindest zum Teil auch gezahlt worden sein.

Der Vater und der Onkel des 13-Jährigen seien wegen internationalen Drogenhandels zu 6 beziehungsweise 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, meldet die Nachrichtenagentur Belga. Im Laufe des Prozesses sei bekannt geworden, dass die mit der Familie in Verbindung gebrachte Verbrecherorganisation 30 Millionen Euro Gewinne eingestrichen habe. Das soll die Entführer zu ihrer Lösegeldforderung angestachelt haben.

Doch welche Rolle spielt dann der verurteilte islamistische Extremist Khalid B., der laut Belga unter den festgenommenen Verdächtigen ist? Der heute 45-Jährige ist nach einem Bericht der Zeitung «De Standaard» schon seit 2002 im Fadenkreuz belgischer Ermittler. 2012 und 2013 soll der Mann junge Kämpfer rekrutiert und in den Krieg nach Syrien geschickt haben. Dafür erhielt er dem Bericht zufolge eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren, die später auf drei Jahre verkürzt wurde.

«Terrorismus oder einfaches Verbrechen?», fragt die Zeitung «Le Soir» und verweist darauf, dass beides bisweilen eng verknüpft sei. So sehe die Polizei den Drogenhandel als eine der Geldquellen der Terrororganisation Islamischer Staat.

Staatsanwaltssprecher Strauven hat auch dazu nur ein «kein Kommentar». Er betont aber die wichtige Unterstützung internationaler Kollegen im Zuge der Ermittlungen, darunter die deutsche, niederländische, französische und US-amerikanische Polizei. «Dafür wollen wir uns ausdrücklich bedanken.» Weitere Festnahmen und eine Ausweitung der Ermittlungen schliesst er nicht aus.

Der nächste wichtige Termin dürfte der kommende Freitag werden. Dann steht die Haftprüfung der festgesetzten Verdächtigen an.

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