Fast sieben Prozent importierter Waren in EU sind gefälscht
Die Handtasche einer Luxusmarke für wenige Euro? Da kann 'was nicht stimmen. Und bei anderen Produkten zahlt man eine Menge Geld - und merkt gar nicht, dass man eine Fälschung gekauft hat. So oder so: Der Handel mit gefälschten Produkten ist weltweit ein wachsendes Problem.
Das Wichtigste in Kürze
- Weltweit werden gefälschte und unerlaubt hergestellte Waren im Wert gut 460 Milliarden Euro gehandelt - allein in der Europäischen Union liegt der Anteil von Fälschungen am Import bei fast sieben Prozent.
Das entspricht einem Wert von 121 Milliarden Euro, wie aus einer am Montag in Paris veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum hervorgeht.
Die Daten des Berichts beziehen sich auf das Jahr 2016. Den Berechnungen nach ist der Anteil gefälschter Waren am Welthandel seit 2013 um 0,8 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent gestiegen. Diese Zunahme fällt auf einen Zeitraum, in dem der Welthandel vergleichsweise rückläufig war. Der Anstieg sei «mit einem erheblichen potenziellen Risiko für geistiges Eigentum in der wissensbasierten, offenen und globalisierten Wirtschaft verbunden», schreiben die Autoren. Vor allem für innovative Unternehmen, deren Geschäft hauptsächlich auf geistigem Eigentum beruht, seien Fälschungen ein Risiko.
Vor allem alltägliche Konsumgüter sind von Fälschungen betroffen - etwa Schuhe, Kosmetik oder Spielzeug. Aber auch bei Ersatzteilen, Batterien oder Luxusartikeln finden sich gefälschte Waren. Fälschungen stammen den Angaben zufolge praktisch aus allen Ländern der Welt. Allerdings seien China beziehungsweise Hongkong immer noch die grössten Ursprungsländer. Am stärksten von Produktpiraterie betroffen seien Unternehmen, die vornehmlich in OECD-Ländern wie den USA, Frankreich, Italien, der Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, Japan oder Korea angesiedelt seien.
Der Handel mit gefälschten Produkten sei sehr dynamisch. «Fälscher suchen aggressiv nach neuen Gewinnmöglichkeiten», heisst es in dem Bericht. Es sei zu beobachten, dass sich Kriminelle neuerdings etwa auch auf gefälschte Gitarren und Baumaterialien konzentrieren. Werden Produkte wie Kontaktlinsen oder Pharmazeutika gefälscht, könne das negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Käufer haben.
Die Experten beobachten einen weiteren Trend: Der Anteil kleiner Sendungen scheine zuzunehmen. Wenn nur kleine Pakete verschickt werden, sei die Chance geringer, dass sie entdeckt werden. Dies stelle insbesondere den Zoll vor grosse Herausforderungen. Der Bericht zeigt auch auf: Die Rate der Zollabfertigungen ist insgesamt niedrig. Das hänge auch damit zusammen, dass die Behörden andere Prioritäten haben. Dazu zählten die Bekämpfung des Waffenhandels oder die Eindämmung illegaler Geldtransfers.
Der branchenübergreifende Verband «Aktionspreis gegen Produkt- und Markenpiraterie» sieht die Entwicklung mit Sorge. Besonders einfach sei es, Fälschungen im Netz zu vertreiben, hiess es in einer Mitteilung. Problematisch sei dort vor allem die Masse der Angebote - und dass sie nach dem Entfernen kurze Zeit später an anderer Stelle wieder auftauchten.