Die Bilder aus Katalonien sind erschreckend: Brennende Barrikaden, vermummte Aktivisten, Polizisten in Kampfmontur. Gewaltbereite, aber auch viele friedliche Separatisten lassen in ihren Protesten nicht locker. Droht der abtrünnigen Region wieder die Zwangsverwaltung?
Katalonien Polizei Proteste
Ein Demonstrant wirft einen Mülleimer auf eine brennende Barrikade bei Protesten gegen die Verurteilung katalanischer Separatistenführer. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung hat ihre Proteste gegen die harten Gerichtsurteile für neun katalanische Separatistenführer fortgesetzt.
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In fünf Städten der Region im Nordosten Spaniens beteiligten sich zahlreiche Bürger an «Märschen für die Freiheit», die am Freitag in Barcelona zusammenfliessen sollen. Dabei blieb es zunächst friedlich. In den vergangenen Tagen war es in Barcelona und anderen Orten zu gewalttätigen Aktionen und schweren Zusammenstössen mit der Polizei gekommen.

Allein in der Nacht zu heute seien 51 Menschen festgenommen und mindestens 125 verletzt worden, berichtete das spanische Fernsehen. Unter den Verletzten waren auch zahlreiche Polizisten. Teils vermummte Demonstranten setzten unter anderem Barrikaden und Kartons in Brand und warfen Böller und Flaschen auf die Sicherheitskräfte. Diese setzten unter anderem Schlagstöcke ein, um die Menge zurückzuhalten.

Die spanische Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez verurteilte die Krawalle scharf. «Es ist offensichtlich, dass wir es nicht mit einer friedlichen Bürgerbewegung zu tun haben, sondern mit einer Bewegung, die von Gruppen koordiniert wird, die Gewalt auf der Strasse einsetzen, um das Zusammenleben in Katalonien zu stören», hiess es in einer Mitteilung, in der Madrid die «Akte des Vandalismus» in verschiedenen Teilen der Region beklagt.

Medienberichte, wonach die Regierung damit auch die erneute Anwendung des Verfassungsartikels 155 und somit eine Zwangsverwaltung für die abtrünnige Region angedroht habe, wies Innenminister Fernando Grande-Marlaska zumindest vorläufig zurück. Im Zuge des illegalen Abspaltungsreferendums vom Oktober 2017 hatte die damalige konservative Regierung diese Massnahme erstmals ergriffen.

Die Hauptkompetenz in Sicherheitsfragen liege bei den Mossos d'Esquadra (der Polizei von Katalonien), die die Situation bisher zufriedenstellend koordiniere, so der Minister. «Daher scheint jedes andere Instrument unklug.» Jedoch forderte Grande-Marlaska Regionalchef Quim Torra auf, die Gewalt klar zu verurteilen. Dieser vermied aber eine Stellungnahme und nahm stattdessen selbst an einem der Freiheitsmärsche teil.

Sánchez kam am Mittag in Madrid mit dem Chef der konservativen Oppositionspartei PP zusammen, um über die Situation zu beraten. Anschliessend hiess es, der Regierungschef schliesse «kein Szenario aus». Ob Sánchez nun doch erwägt, den Artikel 155 zu ziehen, blieb unklar. Bis zum Abend wollte er sich mit weiteren Oppositionspolitikern treffen.

Die vom Obersten Gericht in Madrid wegen Aufruhrs zu langjährigen Haftstrafen verurteilten Separatistenführer distanzierten sich in sozialen Netzwerken von der Gewalt. Der ehemalige Vize-Regionalchef Oriol Junqueras, der 13 Jahre Haft bekam, schrieb auf Twitter: «All unsere Unterstützung für die Mobilisierungen und die friedlichen Märsche. Gewalt repräsentiert uns nicht.»

Die neun Verurteilten - ehemalige Spitzenpolitiker aus der reichen Region und zwei Anführer von zivilen Organisationen - sassen seit zwei Jahren in Untersuchungshaft. Medienberichten zufolge können sie erst dann Vollzugslockerungen - also Freigang - bekommen, wenn sie ein Viertel der Haft verbüsst haben. Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont war 2017 nach Belgien geflohen und stand nicht vor Gericht. Die spanische Justiz hatte am Montag einen internationalen Haftbefehl für ihn reaktiviert.

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