Frauen verdienen weiter gut ein Fünftel weniger als Männer

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Deutschland,

Frauen verdienen hierzulande im Schnitt gut ein Fünftel weniger als Männer. Sie haben oft schlechter bezahlte Jobs und treten für die Familie kürzer. Vor allem im Westen ist der Gehaltsabstand zu den Männern gross - gerade in reichen Bundesländern.

Das ist doch mal ein Argument: Frauen demonstrieren am Internationalen Frauentag mit einem Plakat für gleiche Rechte und gleiche Entlohnung. Foto: Sina Schuldt
Das ist doch mal ein Argument: Frauen demonstrieren am Internationalen Frauentag mit einem Plakat für gleiche Rechte und gleiche Entlohnung. Foto: Sina Schuldt - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Frauen haben in Deutschland im Schnitt weiter gut ein Fünftel weniger auf dem Gehaltszettel als Männer.

Die Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern schrumpfte auch im vergangenen Jahr nicht, teilte das Statistische Bundesamt mit.

Während der Gehaltsabstand vor allem in Westdeutschland gross ist, schneidet der Osten besser ab. Konkret verdienten Frauen 2018 laut der Berechnungen 17,09 Euro brutto je Stunde und damit im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. Diese kamen auf 21,60 Euro. Schon im Vorjahr hatte die Gehaltslücke unverändert bei dem Wert gelegen. Langfristig nimmt sie etwas ab: 2006 verdienten Frauen im Mittel noch 23 Prozent weniger als Männer.

Besonders gross war der Abstand in den alten Bundesländern mit 22 Prozent, während Frauen im Osten «nur» 7 Prozent weniger verdienten.

Die Statistiker betonten, dass rund drei Viertel des Verdienstunterschiedes auf strukturelle Gründe zurückgehe: Frauen ergriffen oft relativ schlecht bezahlte Berufe und hätten seltener Führungsposten. «Auch arbeiten sie häufiger in Teilzeit und in Minijobs und verdienen deshalb im Durchschnitt pro Stunde weniger.»

So habe 2017 fast jede zweite erwerbstätige Frau eine Teilzeit-Stelle gehabt, bei den Männern war es nicht einmal jeder Zehnte. Bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit ist die Gehaltslücke kleiner: Dann erhalten Frauen je Stunde 6 Prozent weniger Lohn als Männer, zeigen die jüngsten verfügbaren Daten der Statistiker.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) will nicht länger auf unverbindliche Empfehlungen setzen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. «Wir werden dort Sanktionen einführen, wenn Unternehmen künftig keine Zielgrösse für Frauen in den Vorständen melden oder die Zielgrösse "Null" nicht begründen», kündigte sie an.

Ausserdem müssten die sozialen Berufe aufgewertet werden. Mehr als 5,7 Millionen Menschen arbeiteten in Deutschland in diesen Berufen, 80 Prozent davon seien Frauen. Ihre Arbeit sei schwierig und viel zu gering bezahlt.

Grosse regionale Unterschiede zwischen Ost und West sieht das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. So klafften die Bezüge von Frauen und Männern im reichen Baden-Württemberg und Bayern viel stärker auseinander als etwa in Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt, zeigt eine Umfrage unter 309.000 Beschäftigten auf dem Böckler-Portal Lohnspiegel.de.

Während Frauen oft zu geringen Löhnen als Verkäuferin, Physiotherapeutin oder Erzieherin arbeiteten, hätten Männer häufig gut bezahlte technische Jobs in der Industrie. Und davon gebe es besonders viele in der Autobranche in Baden-Württemberg und Bayern.

Im Osten seien indes nach der Wende viele Industrie-Jobs weggebrochen und damit traditionelle Berufsperspektiven für Männer. Die kleinere Gehaltslücke im Osten lasse sich nicht mit hohen Löhnen der Frauen begründen, sondern eher mit dem grossen Abstand ostdeutscher Männer zu Männern im Westen. Auch arbeiten mehr Mütter im Osten in Vollzeit, sagt Yvonne Lott, WSI-Expertin für Arbeitszeitforschung. «Das Bild von der Rabenmutter ist vornehmlich ein westdeutsches Bild.»

Nach wie vor werde aber in vielen Betrieben von Frauen erwartet, für die Familie beruflich kürzer treten - mit weitreichenden Folgen. «Teilzeit und längere Elternzeiten werden häufig abgestraft, da sie als Signal für geringeres Engagement gelten», meint Lott. «Eine Mutter auf einer Teilzeit-Stelle macht seltener Karriere.» Frauen übernähmen weiter den Löwenanteil bei der Kindererziehung und der Pflege von Angehörigen.

Bei der Beschäftigung von Frauen in vollen Stellen hinke Deutschland hinterher, stellte auch die Beratungsgesellschaft PwC fest. Während in Schweden und Island 83 bzw. 76 Prozent der Frauen in Vollzeit arbeiteten, seien es in Deutschland 63 Prozent. Bei der Gehaltslücke befinde sich Deutschland unter den OECD-Staaten in der Schlussgruppe. «Deutschland kommt bei der Förderung von Frauen im Arbeitsleben wenn überhaupt nur sehr langsam voran», sagte PwC-Partnerin Petra Raspels.

Nachholbedarf sieht auch der der Sozialverband VdK: Um gegen geringe Gehälter bei Frauen vorzugehen, bräuchten sie Chancen auf gut bezahlte Arbeitsplätze statt Teilzeit oder Mini-Jobs, forderte er. «Niedrige Löhne bedeuten niedrige Renten». Die Politik müsse die Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Kindererziehung dringend stärken - durch eine bessere Kinderbetreuung oder staatlich finanzierte Auszeiten für die Pflege von Angehörigen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte ferner, Beschäftigte bräuchten mehr Klarheit über die Gehälter in Unternehmen. Das Lohntransparenzgesetz, das Vergütungsniveaus für bestimmte Gruppen in Firmen offen legt, gelte erst für Betriebe ab 200 Beschäftigten - die meisten erwerbstätigen Frauen arbeiten aber in kleineren Betrieben.

Wie stark Frauen beim Gehalt das Nachsehen haben, hängt laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aber auch von der Branche ab. Die Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau seien dort besonders gross, wo je ungefähr gleich viele Männer und Frauen arbeiten und grosser Wert auf längere Arbeitszeiten gelegt werde.

Beispiele seien Unternehmensberatung und Controlling, heisst es in einer Studie von Anfang März. Dort bekämen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als etwa Teilzeitbeschäftigte.

Hilfreich gegen ungleiche Gehälter seien Tarifverträge und geteilte Führungsposten unter mehreren Beschäftigten, meint DIW-Forscherin Aline Zucco. «Vor allem muss man sich von der Vorstellung befreien, dass nur jene, die viel und lange arbeiten, gute Arbeit leisten.»

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