Güterbahnen warten auf Entschädigung nach Rastatter Tunnelhavarie
Fünf Jahre nach der Havarie des Rastatter Bahntunnels im Süden Deutschlands samt siebenwöchiger Sperrung der Strecke dringen die Eisenbahnunternehmen auf Entschädigung. Allein ihnen seien Schäden von rund 100 Millionen Euro entstanden. Kritisiert auch aus der Schweiz wird der schleppende Bahnausbau.
Den volkswirtschaftlichen Schaden etwa auch für Kunden bezifferte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, ein Netzwerk europäischer Eisenbahnen, am Montag an einer Medienkonferenz auf zwei Milliarden Euro. Inzwischen gebe es Gespräche mit der DB Netz AG. Verbandsvize Sven Flore zeigte sich deshalb «verhalten optimistisch».
Am 12. August 2017 war es beim Bau der Unterquerung der bestehenden Rheintalbahn zu der Havarie im Tunnel gekommen. Die darüberliegenden Gleise sackten ab, der Verkehr stand für sieben Wochen still. Um den Schaden zu begrenzen, pumpten Arbeiter in höchster Not grosse Mengen Beton auf 160 Metern Länge in die Röhre, in der noch die millionenteure Tunnelbohrmaschine steckte.
Unverständnis zeigte Westenberger dafür, dass die Arbeiten nur schleppend vorangingen. Eine Umfahrung der Tunnelbaustelle wurde erst in diesem Jahr gebaut. Die Fertigstellung des Tunnels ist für Ende 2026 geplant - das wären 30 Jahre nach der Zusage für den viergleisigen Ausbau von Norditalien zu den Nordseehäfen. Die Güterbahnen bezeichnen die Tunnelbaustelle als langsamste Eisenbahnbaustelle Deutschlands.
Westenberger forderte, aus Rastatt auch für andere Bahnprojekte zu lernen. So sei es sowohl für eine geplante vierwöchige Sperrung im August 2024 in Rastatt als auch für das von der Bahn angekündigte grosse Sanierungsprogramm wichtig, dass es ausreichend leistungsstarke Ausweichstrecken gibt. «Ansonsten erleben wir ein Riesenchaos mit der geplanten Generalsanierung.» Von der deutschen Regierung erkenne er aber kein Bestreben, das sogenannte Nebennetz stärker zu ertüchtigen.
Kritik an den Verzögerungen des Bahnausbaus in Deutschland wurde auch vom Verband der verladenden Wirtschaft (VAP) in der Schweiz geäussert. Der im Vertrag von Lugano zwischen Deutschland und der Schweiz zugesicherte Ausbau der Rheintalstrecke verzögere sich weiter.
Die dringend nötige Kapazitätserhöhung und Betriebsstabilisierung für Transit-, Import- und Exportverkehr lasse auf sich warten: Baustellen, die Haupt- und Ausweichachsen gleichzeitig behinderten, seien nach wie vor an der Tagesordnung. Die Versorgungssituation in der Schweiz verschärfe sich derweil nicht zuletzt aufgrund des tiefen Pegelstands am Rhein täglich.
Gefordert wird von der verladenden Wirtschaft die rasche Elektrifizierung der Strecke Wörth - Lauterbourg - Strassburg. Das Schweizer Parlament habe den Weg für eine aktive Beteiligung der Schweiz am Ausbau des Nord-Süd-Korridors auch auf französischer Seite geebnet. So soll eine Parallelführung entstehen, die dem Baustellenchaos ein Ende bereitet und sowohl den Transit-, als auch den für die Schweizer Wirtschaft wichtigen Import- und Exportverkehr sicherstellt.