Hort der Rechtsextremisten? - Deutsche Elitetruppe KSK im Zwielicht
Es ist ein Hauch von Abenteuer und Geheimnis, der diese Truppe umweht. Kampfeinsätze am Hindukusch, Befreiung deutscher Geiseln aus Krisengebieten, Jagd auf Terroristen und Kriegsverbrecher - dies alles gehört zu den Aufgaben des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der deutschen Bundeswehr.
Das Wichtigste in Kürze
- Es ist eine Elitetruppe, deren mörderisch harte Aufnahmeprüfungen als «Höllenwoche» bekannt sind.
Aber über die offiziellen Bilder schwer bewaffneter Soldaten im Training hinaus ist über die Einsätze des KSK wenig bekannt. Denn diese sind geheim.
Doch nun macht die in Calw in Baden-Württemberg stationierte, rund 1700 Mann starke Truppe Schlagzeilen wegen rechtsextremistischer Umtriebe. Der Militärgeheimdienst MAD prüft rund 20 Verdachtsfälle. Die Politik ist alarmiert. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat nun einschneidende Massnahmen eingeleitet, über die sie am Mittwoch den Verteidigungsausschuss des Bundestages unterrichtete. Unter anderem soll eine ganze Kompanie des KSK aufgelöst und der Truppe die Verantwortung für die Ausbildung ihrer Leute entzogen werden. Aus laufenden Einsätzen soll das KSK vorläufig weitgehend abgezogen werden.
Die Spezialkräfte waren 1996 geschaffen worden. Vorausgegangen war eine Blamage für die Bundesrepublik: Während des Völkermords in Ruanda 1994 sassen elf Deutsche in dem ostafrikanischen Land fest, und die Regierung in Bonn musste Belgien um Hilfe bitten, sie rauszuholen. Denn die Bundeswehr war dazu damals nicht in der Lage. Heute preist sie das KSK auf der Bundeswehr-Homepage als «ein wichtiges Instrument des nationalen Risiko- und Krisenmanagements» und rühmt dessen «einzigartige Fähigkeiten».
In die Negativ-Schlagzeilen geriet das KSK seit 2017. Bei einer Abschiedsparty für einen Kompaniechef soll mit Schweinsköpfen geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruss gezeigt worden sein. Eine junge Frau berichtete Journalisten, sie sei dem Kommandeur als «Trophäe» zugedacht gewesen, wenngleich am Ende wegen Volltrunkenheit des KSK-Manns sexuell nichts mehr gelaufen sei.
Im Januar dieses Jahres gab der MAD bekannt, dass der Anteil der Rechtsextremismusfälle beim KSK im Verhältnis zur Truppenstärke fünfmal so hoch sei wie in der Bundeswehr insgesamt. Im Mai wurde auf dem Grundstück eines Soldaten in Sachsen ein Waffenversteck mit einem AK-47-Sturmgewehr, 6000 Schuss Munition und zwei Kilo Sprengstoff gefunden. Der Oberstabsfeldwebel wurde verhaftet. Ob die Gefahr einer rechten Terrorzelle drohte, müssen die Ermittler nun herausfinden.
Mitte Juni dann wurde ein Brandbrief bekannt, den ein KSK-Hauptmann an Kramp-Karrenbauer geschrieben hatte. Dieser beklagte laut Medienberichten, dass rechtsextreme Umtriebe in der Einheit «ignoriert oder gar toleriert» würden und dass eine «toxische Verbandskultur» sowie eine «Art Kadavergehorsam» herrschten.
Der Kommandeur des KSK, Brigadegeneral Markus Kreitmayr, verurteilte die rechtsextremen Vorfälle scharf. «Ich meine nicht zu übertreiben mit der Feststellung, dass unser Verband derzeit die schwierigste Phase seiner Geschichte erlebt», schrieb er nach dem Waffenfund in Sachsen an seine Soldaten. Es soll jetzt auch eine Generalinventur beim KSK geben, denn nach jetzigem Stand der Ermittlungen ist der Verbleib von insgesamt 85 000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff aus dessen Beständen noch nicht geklärt.
Kramp-Karrenbauer, die auch CDU-Vorsitzende ist, hatte das Ministerium erst vor knapp einem Jahr von der heutigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen übernommen. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» bezeichnete die Affäre als «grösste Herausforderung ihrer Amtszeit». Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger kritisierte, das Ministerium habe viel zu lange gebraucht, den Ernst der Lage zu begreifen.
Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte warnte aber davor, das KSK unter Generalverdacht rechtsextremer Tendenzen zu stellen. Die Mehrheit seiner Soldaten stehe fest auf dem Boden der Verfassung, sagte Otte im Deutschlandfunk. Nach den Vorstellungen der Ministerin soll die Elitetruppe jetzt bis zum 31. Oktober Zeit bekommen, sich zu bewähren. Gelingt das nicht, droht die komplette Auflösung.