Immobilien werden Experten zufolge weiterhin teurer
Die Pandemie hat es Immobilienkäufern nicht leichter gemacht. Viele brauchen mehr Platz, doch die Preise in den Städten steigen weiter - und oft auch im Umland. Nun drohen teurere Baukredite, denn die Zinsen auf den Kapitalmärkten steigen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer in den Metropolen eine Wohnung oder ein Haus sucht, muss sich nach Einschätzung von Experten auf weiter anziehende Preise einstellen.
In den acht grössten deutschen Städten zeichnet sich keine Trendwende ab, wie Vertreter der jeweiligen amtlichen Gutachterausschüsse nun schilderten.
«Die Party geht weiter», sagte der Berliner Ausschussvorsitzende Reiner Rössler. Von Preisanstiegen berichteten auch Vertreter aus Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig.
Zugleich kommen auf Wohnungskäufer höhere Kreditkosten zu. Die richtungsweisende Rendite zehnjähriger Bundesanleihen war am Mittwoch (19. Januar) erstmals seit knapp drei Jahren positiv.
Mangel an Immobilien treibt Preise in die Höhe
Vielerorts sind den Gutachtern zufolge noch nicht genug Wohnungen gebaut, um den Zuzug des vergangenen Jahrzehnts auszugleichen. «Die Nachfrage ist ungebrochen, das Angebot ist knapp, die Preise steigen», sagte die Vizevorsitzende des Hamburger Ausschusses, Sonja Andresen. «Wir haben keinen Corona-Knick nach unten.» Die Preise in den einfachen Lagen näherten sich denen der mittleren an. Viele Menschen suchen daher am Stadtrand und im Umland nach Wohnungen und Häusern.
«In Frankfurt würde ich nicht mehr kaufen, aber im Umland ja», empfahl der Frankfurter Ausschusschef Michael Debus bei der Tagung der Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement. In der Stadt sei der Markt zu heiss gelaufen.
Mit dem Wechsel ins Homeoffice seien Menschen bereit, Pendelstrecken mit Arbeitswegen bis zu eineinhalb Stunden in Kauf zu nehmen, sagte Andresen. In München versuchten zugleich viele Menschen in der Stadt in grössere Wohnungen zu wechseln, sagte der dortige Experte Albert Fittkau. «Deshalb ist die Nachfrage nach wie vor da.»
Corona hat Boom keineswegs ausgebremst
Gutachterausschüsse werten die notariellen Kaufverträge aus und legen Bodenrichtwerte fest. 2020 floss demnach mit 310 Milliarden Euro bundesweit so viel Geld in Immobilien wie nie.
Der Boom hat sich trotz Corona-Krise beschleunigt. Im dritten Quartal 2021 verteuerten sich Wohnungen und Häuser laut Statistischem Bundesamt im Schnitt um 12 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Wegen wachsender Risiken bei Immobilienkrediten sollen Banken nach dem Willen der Finanzaufsicht Bafin zusätzliche Kapitalpuffer anlegen. Der Immobilienmarkt drohe heisszulaufen, sagte Bafin-Chef Mark Branson jüngst. Mit den neuen Vorschriften könnten Banken höhere Kosten auf Kreditkunden umlegen.
Zinsen machen Käufern das Leben zusätzlich schwer
Erschwerend kommen für Immobilienkäufer steigende Zinsen hinzu. Denn mit der höheren Inflation klettern die Kapitalmarktzinsen, was sich bei den zehnjährigen Bundesanleihen zeigt. «Der Markt gibt sich nicht mehr mit Minuszinsen zufrieden, die Renditen werden weiter steigen», sagt Max Herbst, Gründer der Frankfurter FMH Finanzberatung.
An Bundesanleihen orientieren sich die Hypothekenzinsen. Derzeit lägen Immobilienkredite über 400.000 Euro und bei zehnjähriger Zinsfestschreibung im Schnitt bei gut ein Prozent, sagt Herbst. «Ich erwarte, dass es dieses Jahr 1,5 bis 1,75 Prozent werden.» Bei einem Zinsanstieg um 0,5 Punkte steige die Belastung bei dem Beispiel um 166 Euro im Monat oder knapp 2000 Euro im Jahr.
Mieten steigen vergleichsweise langsam
Anders als bei den Kaufpreisen scheint es bei den Mieten kein ungebremstes Wachstum zu geben. Sie klettern seit Jahren nicht so rasant wie die Immobilienpreise. In den grössten acht Städten Deutschlands habe sich die Dynamik 2021 abgeschwächt, heisst es in einer Analyse des Maklers .
Im zweiten Halbjahr 2021 stiegen demnach die Angebotsmieten gemessen am Vorjahr in etlichen Metropolen langsamer als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre - etwa in München (1,7 Prozent) und Köln (3,9 Prozent). In Stuttgart und Düsseldorf hätten die Mieten auf Jahressicht stagniert.
In Frankfurt, wo laut JLL im zweiten Halbjahr weniger Luxuswohnungen auf den Markt kamen, seien sie gar um 3,1 Prozent gesunken. In Berlin (plus 4,1 Prozent) sei die Dynamik ebenfalls abgeflacht, das Wachstum sei aber ähnlich stark gewesen wie in Hamburg (3,8 Prozent) und Leipzig (5,3 Prozent).
Umland zieht nach
Während die hohe Mietdynamik in den acht Metropolen und den sonstigen kreisfreien Städten nachlasse, zögen nun umliegende Standorte nach, sagte JLL-Experte Sebastian Grimm. «In den Landkreisen liegt das Wachstum mit 5,5 Prozent auf Jahressicht im Gegensatz zu den Städten über dem Fünfjahresschnitt.»
Die Pandemie und der Trend zum Homeoffice haben das Bedürfnis nach mehr Platz im Grünen verstärkt. Der Hauptgrund für den sinkenden Druck auf Mieten in Grossstädten sei aber einfach, heisst es bei JLL: Viele Menschen können sich das Wohnen in den teuren Metropolen nicht mehr leisten.