Kinderteller sollen gesünder werden
Eines von sieben Kindern hat zu viel auf den Rippen. Pommes und Paniertes helfen da nicht - aber genau das bieten viele Restaurants ihren kleinen Gästen an. Das ruft die Politik auf den Plan. Tut sich jetzt was auf den Kinder-Speisekarten?
Das Wichtigste in Kürze
- Restaurantbesuche sind für Kinder oft recht öde - aber immerhin lockt Essen, das zu Hause vielleicht nicht jeden Tag auf den Tisch kommt: Pommes mit Ketchup, Fischstäbchen mit Mayo-Sosse, Chicken Nuggets mit viel Panade, Spaghetti mit Sosse.
Ernährungsexperten ist so eine vermeintlich kinderfreundliche Auswahl allerdings ein Dorn im Auge. Zu viele Kalorien, zu wenig Nährstoffe, pädagogisch nicht gerade wertvoll. Und das, wo schon 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig sind. Rückendeckung bekommen sie von der Ministerin für Ernährung, Julia Klöckner (CDU).
Die will nun «jedes kleine Schräubchen» drehen, um Übergewicht auch bei den Kleinen zu bekämpfen - und zugleich die Gastronomen nicht vergrätzen. Nachdem vor ein paar Wochen eine Studie für böses Blut gesorgt hatte zwischen Wissenschaft und Gastwirten, lud Klöckner beide Seiten ins Ministerium nach Berlin.
Worum es ging: Anfang Februar hatte eine Studie aus Heidelberg und Mannheim Schlagzeilen gemacht. Rund vier von fünf der knapp 2000 untersuchten Speisen seien aus ernährungswissenschaftlicher Sicht schlecht für den Körper, hiess es da. Die meisten enthielten zu viel Fett und Kalorien, wenig Nährstoffe und oft rotes Fleisch. 54 Prozent der untersuchten Essen enthielten Pommes. Vollkornprodukte? Fehlanzeige. In der Gastrobranche kam das nicht gut an.
Nach dem 90-minütigen Gespräch zwischen Wissenschaft und Gastwirten blieben die Ergebnisse allerdings überschaubar. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga will seine acht Jahre alten Empfehlungen überarbeiten, wie man Kinder bewirten soll und kann. Wissenschaftler wollen sich genauer anschauen, was Kinder eigentlich essen wollen, wenn die Eltern nicht dabei sind, und was Eltern für richtig halten. Ausserdem soll es weitere Gespräche geben - noch in diesem Jahr, sagte Klöckner. Auch ein Wettbewerb und eine Art Siegel für Restaurants und Gaststätten, deren Kinder-Angebot vorbildlich ist, sind im Gespräch.
Was es dagegen nicht geben wird, sind neue Vorschriften für Köche und Gastwirte. «Wir wären nicht in einer Demokratie, wenn wir jetzt gesetzlich die Art der Speisekarten vorschreiben würden», stellte Klöckner klar. Eines immerhin hat Klöckner schon erreicht: Experten und Branchenverband zeigten sich versöhnt. Übergewicht habe natürlich verschiedene Ursachen, sagte Studienautor Sven Schneider, ein Experte für Kindergesundheit. Michael Krawinkel von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gestand zu, dass ein Besuch im Restaurant nicht Alltag sei, sondern der Genuss im Vordergrund stehe.
Dehoga-Präsident Guido Zöllick seinerseits zeigte sich einsichtig: Die Studie habe Dinge zutage gefördert, die die Anbieterseite «gar nicht so gesehen» habe oder sehen wolle. Es gebe aber «sehr viele» Unternehmen, die eine «sehr ausgewogene Kinderkarte» hätten. Aber sein Verband wolle in der Branche «weitere kommunizieren, dass es natürlich auch ein Stück weit unser Auftrag ist, Menschen an gesunde Nahrung heranzuführen». Das fange bei den Kleinsten an.
Kritik kam von einer Vorgängerin Klöckners im Ministerium, Ex-Agrarministerin Renate Künast von den Grünen. Der Vorstoss gehe am Problem vorbei, sagte sie. «Verbindliche Qualitätsstandards» für Verpflegung etwa in Kitas und Schulen, mehr Ernährungsbildung, eine Begrenzung der an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel und eine neue Nährwert-Kennzeichnung für Fertigprodukte brächten «tausendmal mehr» als unverbindliche Initiativen für gesündere Kinderteller.