Ein emissionsfreies Kleinflugzeug? Aufwendig, aber nicht unmöglich
Die Luftfahrt sucht dringend nach Wegen, um klimafreundlicher zu werden. Die Freizeit- und Geschäftsfliegerei könnte als Labor dienen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Luftfahrt sucht man nach Wegen, um klimafreundlicher zu werden.
- Die Freizeitfliegerei kann dabei als Labor dienen und neue Antriebe entwickeln.
- Ein Kleinflugzeug mit Brennstoffzelle und Batteriesystem gibt es schon.
Schneeweiss, etwas mehr als 21 Meter breit und bis zu 1,5 Tonnen schwer ist die Hoffnung auf klimafreundliches Fliegen. HY4 heisst das Testflugzeug mit Brennstoffzellen und Batteriesystem. Das Kleinflugzeug hat nach Jahren am Stuttgarter Flughafen seinen ersten Flug an einen anderen Ort absolviert: 124 Kilometer weit nach Friedrichshafen.
Dort wird die HY4 von Mittwoch bis Samstag bei der Luftfahrtmesse Aero gezeigt. Es ist eine von vielen Ideen, wie Fliegen «grüner» werden könnte.
Die Messe mit 633 Ausstellern aus 34 Ländern hat zwar nicht die Verkehrsluftfahrt, sondern die Allgemeine Luftfahrt im Blick. Die sei aber «bei alternativen Antrieben wie beispielsweise dem Elektroantrieb ein Versuchslabor für die Grossluftfahrt», sagt ein Messe-Sprecher.
So finden sich auf der Schau am Bodensee mit der Pipistrel Velis Electro das weltweit erste zugelassene, batteriegetriebene E-Flugzeug. Dere eMagic One ist ein senkrecht startender E-Tandemflügler aus Deutschland, der wie eine Mischung aus Drohne und Sportflugzeug anmutet. Auf der Neuheitenliste stehen zudem zahlreiche weitere Elektro- und Hybridflieger, nachhaltige Antriebe und Batteriesysteme.
Einsatz noch beschränkt
Die Rolle von E-Flugzeugen werde vorerst aber wohl auf kleine Flugzeuge wie in der Privatfliegerei beschränkt bleiben. Das sagt der Bereichsvorstand Luftfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Markus Fischer.
Um ein Verkehrsflugzeug über Tausende Kilometer anzutreiben, müssten die Batterien deutlich höhere Energiedichten aufweisen – und würden sehr schwer. «Nach heutigem Stand würde quasi der Grossteil des Flugzeuggewichts durch die Batterien bestimmt sein», sagt Fischer. Bisher sei nicht absehbar, dass sich bald etwas an diesem grundlegenden Problem ändere.
Vielversprechend seien dagegen nachhaltige Brennstoffe, die in der Luftfahrt als Sustainable Aviation Fuels (SAF) bezeichnet werden. Diese würden bisher überwiegend aus Bioabfällen wie benutztem Speiseöl oder Fleisch- und Fischabfällen hergestellt.
«Das funktioniert», sagt Fischer. «Aber die Menge ist bislang sehr begrenzt.» Derzeit könnten SAF nur ungefähr ein Prozent des weltweit benötigten Treibstoffs in der Luftfahrt abdecken.
Zudem seien SAF etwa drei bis sieben Mal teurer als herkömmliches Kerosin, sagt Fischer. Die EU-Kommission mit ihrer Initiative «Fit für 55» sollen bis 2030 zwei Prozent des Kraftstoffs in der Luftfahrt nachhaltig sein.
«Wir denken, dass auch fünf Prozent möglich ist», sagt Fischer. «Dennoch, die grösste Hürde ist, eine ausreichende Menge zur Verfügung zu stellen. Da wird sicher erst der Linienverkehr bedient, bevor die Kleinen, zum Beispiel die Allgemeine Luftfahrt zum Futtertrog kommen.»
Nur Übergangslösung
Flugzeughersteller Airbus zum Beispiel setzt verstärkt auf SAF. Nach Angaben des Unternehmens darf bei allen modernen Airbus-Flugzeugen schon bis zu 50 Prozent SAF zu konventionellem Kerosin beigemischt werden.
Bis 2030 soll der Anteil bei 100 Prozent liegen. «Auf der Kurz- und Mittelstrecke sind nachhaltige Flugkraftstoffe aber nur eine Übergangslösung», teilt Airbus mit. Später könne dort Wasserstofftechnologie CO2-emissionsfreie Flüge ermöglichen.
In dieser Grössenklasse sieht auch DLR-Experte Fischer gute Chancen bei Wasserstoffantrieben. «Da ist eher die Tendenz, das bei Flugzeugen anzuwenden, die nicht so weit fliegen - vielleicht bis zu 1500 Kilometer.»
Das Problem ist viel Energie auf wenig Raum zu erhalten. «Dazu müsse man den Wasserstoff als Gas unter hohem Druck oder flüssig bei niedrigen Temperaturen in Tanks lagern», sagt Fischer. Das mache vergleichsweise schwere Tanks erforderlich.
Der Betreiber des Testfliegers HY4 will bis 2025 ein wasserstoff-elektrisches Dornier-Flugzeug mit 40 Sitzen für Testflüge in die Luft bringen. «Aus dem Projekt soll schlussendlich ein in Serie gebautes Passagierflugzeug entstehen», sagt ein Firmensprecher von H2Fly. Als Reichweite würden etwa 2000 Kilometer angepeilt, um zum Beispiel Flüge von Warschau nach Paris zu schaffen.
Echte Pionierarbeit
Das grösste Problem dabei sei, den Antrieb an diese Grössenordnung anzupassen, teilt das Unternehmen mit. Für die Brennstoffzelle im Testflieger HY4 mit 120 Kilowatt Leistung gebe es geeignete Produkte aus der Autoindustrie.
Für die Dornier 328 sei aber mehr als das Zwölffache an Leistung nötig – etwa 1,5 Megawatt. Teile dafür gebe es «im Moment nur spärlich, schon gar nicht für die Luftfahrt», sagt ein Firmensprecher. «Deshalb leisten wir hier echte Pionierarbeit.»
Auch DLR-Experte Fischer sieht in Brennstoffzellen keine kurzfristige Alternative für grosse Flugzeuge. «Das ist ein langer Weg. Aber es ist sinnvoll, klein anzufangen und die Machbarkeit zu zeigen.» Um das am Bodensee zu tun, bringen die Betreiber des Testfliegers HY4 ihre eigenen «grünen» Wasserstoff-Tankmöglichkeiten aus Stuttgart mit.
Doch auch wenn viele nachhaltige Antriebe in Serie noch auf sich warten lassen: Das Geschäft in der Allgemeinen Luftfahrt läuft nach coronabedingtem Einbruch auch mit konventionellen Verbrennern gut. Ende des Jahres 2021 seien die Lieferungen wieder an die Zahlen vor Pandemie-Beginn herangekommen. Das sagte ein Sprecher des internationalen Branchenverbands General Aviation Manufacturers Association.
Gerade die digitale Vernetzung in Corona-Zeiten habe zu einem höheren Bedürfnis geführt. Angesichts ausgedünnter Flugpläne der Airlines «bot nur die Business Aviation die notwendige Mobilität, damit Menschen sich treffen können». Von Oslo nach Palermo sei man mit anderen Verkehrsmitteln schliesslich mehrere Tage unterwegs.