Klimaschutz: Brüssel will «Renovierungswelle» lostreten

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Deutschland,

Billiger Heizen - und dabei noch das Klima schonen: Das will die EU-Kommission in ganz Europa durchsetzen. Dafür müssen Hunderte von Milliarden investiert werden. Die deutsche Wirtschaft findet das gut.

Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission, spricht bei einer Medienkonferenz im EU-Hauptquartier über die Methan-Strategie und die «Renovierungswelle». Foto: Francois Lenoir/Pool Reuters/AP/dpa
Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission, spricht bei einer Medienkonferenz im EU-Hauptquartier über die Methan-Strategie und die «Renovierungswelle». Foto: Francois Lenoir/Pool Reuters/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Für den Klimaschutz sollen binnen zehn Jahren in der Europäischen Union 35 Millionen Gebäude saniert werden.

Anreiz für die nötigen Milliardeninvestitionen soll ein Mix aus schärferen Energiesparvorgaben für Hausbesitzer und neuen Finanzhilfen sein.

Das geht aus der Strategie für eine «Renovierungswelle» hervor, die die EU-Kommission am Mittwoch vorlegte. Statt ein Prozent des Bestands pro Jahr soll künftig doppelt so viel modernisiert werden.

In europaweit gut 220 Millionen Gebäuden werden 40 Prozent der in der EU benötigten Energie verbraucht und 36 Prozent der Treibhausgase verursacht. Um das von der EU-Kommission vorgeschlagene Ziel einer Senkung der Klimagase um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 bis 2030 zu erreichen, müsse der Energiebedarf in Gebäuden um 14 Prozent verringert werden, rechnet die Kommission vor. Konkret brauchen die Häuser neue Heizsysteme, Fenster oder Dämmung.

Die Renovierungswelle könne 160.000 Jobs schaffen und zugleich Bürgern helfen, ihre Heizkosten zu drücken, sagte EU-Kommissionsvize Frans Timmermans. «Wir wollen, dass alle in Europa ein Zuhause haben, das sie beleuchten, heizen oder kühlen können, ohne das Konto zu plündern oder den Planeten zugrunde zu richten.»

Der Investitionsbedarf ist jedoch gewaltig: Auf jährlich 275 Milliarden Euro zusätzlich schätzt ihn die Kommission. Hilfen dafür sollen unter anderem aus dem geplanten 750-Milliarden-Euro-Programm gegen die Corona-Wirtschaftskrise kommen. Hinzu kommen öffentliche Garantien aus dem schon länger laufenden Programm InvestEU. Auch lokale und regionale Behörden können Finanzspritzen bekommen, sei es aus Kohäsionsmitteln oder einem lokalen Energieprogramm namens ELENA. Denn öffentliche Träger sollen auch ihre Gebäude wie Schulen oder Klinken und Sozialwohnungen in Schuss bringen. Banken hätten im übrigen ein Interesse, Renovierungen zu finanzieren, die den Wert steigerten, sagte Timmermans.

Nachdruck sollen schärfere Vorgaben zum Energiesparen geben. So sollen 2021 die Richtlinien zur Energieeffizienz und zum Energieverbrauch von Gebäuden überprüft werden. Ziel seien stärkere Verpflichtungen bei den Gebäudeenergiepässen. Geplant ist zudem eine schrittweise Einführung von Mindest-Energiestandards für bestehende Gebäude ab Ende 2021. Die konkreten Gesetzentwürfe sollen in den nächsten Monaten folgen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie nannte die geplante «Renovierungswelle» vernünftig. «Sie hat das Potenzial, einen echten Schub für die energetische Gebäudesanierung öffentlicher und privater Gebäude in der EU auszulösen», lobte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. «Wegen ihrer hohen lokalen Wertschöpfung taugt die Gebäudesanierung als Konjunkturmotor.» Allerdings sei der Impuls womöglich zu schwach für die gesetzten Ziele.

Die Europa-SPD begrüsste den Plan zur Einsparung von Klimagasen in Gebäuden ebenfalls grundsätzlich. Doch dürfe die Renovierung nicht zu einer höheren Mietbelastung führen, warnte der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier. «Es kann schliesslich nicht sein, dass wir durch Renovierungen Treibhausgasemissionen einsparen und Energiearmut verringern, gleichzeitig aber Menschen ihre Miete nicht mehr bezahlen können.»

Timmermans räumte ein, dass dies bei der Sanierung von Häusern «die ewig wiederkehrende Frage» sei. Oft hätten Mieter aus Angst vor Mieterhöhungen lieber in heruntergekommenen Häusern gewohnt. Nötig seien politische Lösungen in den EU-Staaten. «Es ist uns ernst damit, niemanden im Stich zu lassen», sagte Timmermans.

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