Landwirte beklagen «Schweinestau» in den Schlachthöfen
Für Schweinehalter ist es derzeit schwierig, einen Schlachthof zu finden. Die afrikanische Schweinegrippe und das Coronavirus blockieren die Branche.

Das Wichtigste in Kürze
- Landwirte, die Schweine halten, haben derzeit einen «Schweinestau».
- Das Coronavirus und die afrikanische Schweinegrippe blockieren die Schlacht-Prozesse.
- Auch auf dem Markt sieht es derzeit sehr finster aus.
Für Bauern, die Schweine halten, kommt es im Moment knüppeldicke. Neben den Sorgen wegen der Afrikanischen Schweinepest haben sie derzeit auch Probleme, überhaupt einen Schlachthof für die Tiere zu finden. Wegen Corona sind die Kapazitäten verringert.
Die Schlachthöfe seien nicht mehr in der Lage, alle schlachtreifen Tiere abzunehmen. Dies beklagt die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) mit Sitz im niedersächsischen Damme. Es bestehe ein regelrechter «Schweinestau». Die Landwirte wüssten nicht, wohin mit den Tieren.
Auf den Notruf der Schweinezüchter reagieren die Bundesländer unterschiedlich: Das Arbeits- und Sozialministerium in Nordrhein-Westfalen etwa erlaubte für den 3. Oktober die Schlachtung und Grobzerlegung von Schweinefleisch, bestätigte ein Ministeriumssprecher.
Schlachtungen wurden heruntergefahren
Im Nachbarland Niedersachsen hingegen sieht die Landesregierung die Kapazität der Schlachthöfe erschöpft. «Wir kennen das Problem und suchen nach Lösungen, aber so kurzfristig ist das nicht umsetzbar», sagte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums. In NRW und Niedersachsen spielt die Schweinehaltung im bundesweiten Vergleich eine besonders grosse Rolle.

Vor allem aus Infektionsschutzgründen haben die Schlacht- und Zerlegebetriebe derzeit ihre Schlachtungen heruntergefahren. Dies sagte Heike Harstick, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft.
Der Schutz der Mitarbeiter habe oberste Priorität. Ausserdem gebe es bereits einen Mangel an Arbeitskräften wegen des Verbots der Werkarbeit, das zum 1. Januar in Kraft treten soll. Auch deswegen stehe für zusätzliche Schichten an Wochenenden kein Personal zur Verfügung.
Corona-Infektionen in Sögel
Für den Branchenführer Tönnies heisse das, dass der grösste Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück derzeit nur zu rund 75 Prozent produziere. Der Tönnies-Schlachthof im niedersächsischen Sögel produziere sogar nur zu 60 Prozent. Das zeige, dass bei den Kapazitäten tatsächlich richtig etwas fehle.
In Sögel kommt hinzu, dass dort aktuell Corona-Infektionen aufgetreten sind. «Die Schlachtung am 3. Oktober ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein», sagte der Sprecher. Notwendig sei wieder eine langsame Steigerung der Schlachtmengen, natürlich unter Beachtung des Arbeitsschutzes.
Tönnies-Konkurrent Westfleisch in Münster sieht das ähnlich. Da in Nordrhein-Westfalen bis Weihnachten kein weiterer Feiertag anstehe, sei über diesen Hebel keine weitere Entlastung zu erreichen. «Aufgrund der Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbedingungen haben Sondergenehmigungen für Wochenenden oder Feiertage zudem lediglich aufschiebende Wirkung.» Dies teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.
Markt sieht finster aus
Die Landwirte wiederum können nicht so schnell umsteuern, sagte der Vizepräsident des Bauernverbands niedersächsisches Landvolk, Jörn Ehlers. Die Zyklen von der Besamung der Sau bis zur Mast im Stall seien lang - «wir haben einen langen Bremsweg». Inzwischen reiche der Rückstau bis zu den Ferkelerzeugern, die auch ihre Tiere nicht mehr an die Mäster loswerden.

Der Markt sieht für Schweineerzeuger derzeit ohnehin finster aus. Nachdem die Afrikanische Schweinepest in Deutschland nachgewiesen worden ist, stehen viele Auslandsmärkte nicht mehr für den Export zur Verfügung. Aktuell liegt der Schlachtpreis bei 1,27 Euro pro Kilo. Ende 2019 lag der Durchschnittsschlachtpreis noch bei rund 2 Euro, vor allem wegen der grossen Nachfrage aus China.