Israel und militante Palästinenser im Gazastreifen einigen sich auf Waffenruhe
Nach der fast zweiwöchigen Eskalation im Nahostkonflikt haben sich Israel und die zwei wichtigsten militanten Palästinensergruppen im Gazastreifen auf eine Waffenruhe geeinigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Hamas und Islamischer Dschihad: Feuerpause tritt in Nacht zu Freitag in Kraft.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am Donnerstagabend mit, die Teilnehmer hätten die «ägyptische Initiative für eine bedingungslose Feuerpause einstimmig angenommen». Die radikalislamische Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad bestätigten die Einigung und erklärten, die Waffenruhe trete um 02.00 Uhr (Ortszeit) in Kraft.
Aus Diplomatenkreisen hiess es, zwei ägyptische Delegationen sollten die Einhaltung der Waffenruhe überwachen. Demnach sollen die Beobachter in den palästinensischen Gebieten und in Tel Aviv auf die Einhaltung der Feuerpause achten und die «Verfahren überwachen, um dauerhaft stabile Beziehungen zu erhalten». Es handle sich um eine «gegenseitige und gleichzeitige» Waffenruhe.
Bei einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Gabi Aschkenasi in Tel Aviv hatte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Vormittag die deutsche Solidarität mit Israel bekräftigt. «Für uns ist die Sicherheit Israels und genauso die Sicherheit aller Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht verhandelbar, und darauf kann sich Israel immer verlassen», sagte Maas.
Nach einem anschliessenden Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah im Westjordanland forderte Maas, dem Nahost-Konflikt künftig auf der internationalen Bühne wieder Priorität einzuräumen. Nach dem Abschluss einer Waffenruhe müsse «dieser Konflikt wieder ganz oben auf die Tagesordnung der internationalen Politik gesetzt» werden.
Mit Abbas telefonierte am Donnerstag auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Beide seien sich in ihrer Unterstützung der Initiativen für einen zügigen Waffenstillstand einig gewesen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Merkel habe ausserdem Israels Recht auf Selbstverteidigung gegenüber den Raketenangriffen aus dem Gaza-Streifen unterstrichen.
Die internationalen Bemühungen für eine Deeskalation waren zuvor ins Leere gelaufen. In der Nacht zum Donnerstag wurden nach Angaben der israelischen Armee rund 70 Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Israels Luftwaffe hatte ihre Angriffe auf Einrichtungen der Hamas fortgesetzt. Nach palästinensischen Angaben wurden erneut fünf Menschen getötet.
Netanjahu hatte noch am Mittwoch seine Entschlossenheit betont, den Einsatz gegen die Hamas fortzusetzen, bis «Ruhe und Sicherheit» wieder gewährleistet seien. US-Präsident Joe Biden forderte zuletzt eine «bedeutsame Deeskalation auf dem Weg zu einer Waffenruhe». UN-Generalsekretär António Guterres hatte ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen verlangt. «Wenn es die Hölle auf Erden gibt, dann sind es die Leben von Kindern in Gaza», fügte er hinzu.
Zuvor hatten auch das Rote Kreuz und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert, das Leid der Zivilbevölkerung zu beenden und die Kämpfe einzustellen. Laut WHO werden in den kommenden Monaten sieben Millionen Dollar benötigt, um Nothilfe in den Palästinensergebieten zu leisten.
Nach palästinensischen Angaben wurden im Gazastreifen seit der Gewalteskalation vor elf Tagen bereits mehr als 230 Menschen getötet, darunter 65 Kinder. Etwa 120.000 Menschen mussten demnach aus ihren Häusern flüchten. Israel meldete bislang zwölf Tote durch den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. Die meisten der mehr als 4000 Raketen konnten vom israelischen Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen werden.
Auch im Westjordanland war es in den vergangenen Tagen immer wieder zu Zusammenstössen gekommen, bei denen 25 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet wurden. In mehreren Fällen hatten Palästinenser nach Angaben der Armee versucht, Soldaten an Kontrollpunkten zu überfahren oder mit Messern zu verletzen. Einer der Auslöser der aktuellen Gewalteskalation war die drohende Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem.