Nobelpreisträger Gurnah: Urteil über Kolonialregime Lesern überlassen
Der Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah (73) überlässt es nach eigenen Worten lieber seinen Leserinnen und Lesern, sich eine Meinung über historische Ereignisse zu bilden. Sein jüngster Roman «Nachleben» handelt vom deutschen Kolonialregime in Ostafrika. Seine Leserinnen und Leser seien intellektuell genug, um die Tragweite zu verstehen, sagte der von der Inselgruppe Sansibar in Tansania stammende Schriftsteller am Freitag auf dem «Blauen Sofa» der Frankfurter Buchmesse. Es liege nicht an ihm, das Geschehene zu verurteilen.

«Mein Geschäft ist es, über diese Ereignisse zu schreiben und sie zu erzählen», sagte der tansanisch-britische Autor.
«Es gibt Momente, wo man sein Urteil zurückhalten kann, aber man muss darüber sprechen.» Wenn man ihnen etwas über die Konsequenzen des Krieges erzähle, müssten die Menschen verstehen, dass Hunderttausende verhungert seien. «Man muss solche Fakten nicht rausbrüllen. Es reicht, wenn man einfach drüber spricht.»
Der in England lebende Gurnah wurde 2021 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Er war erst die sechste in Afrika geborene Person, die den Preis erhalten hat.