Grossrazzia gegen Islamisten-Netzwerk

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Deutschland,

Wer im Gazastreifen Decken verteilt, ist noch lange kein Extremist. Doch die Vereine, bei denen die Polizei jetzt aufgekreuzt ist, sollen es nicht dabei belassen haben. Ob sie verboten werden, hängt auch von dem Material ab, das die Beamten bei ihnen gefunden haben.

Polizeibeamte stehen vor dem Hauptsitz des Vereins Ansaar International in Düsseldorf. Foto: Martin Gerten
Polizeibeamte stehen vor dem Hauptsitz des Vereins Ansaar International in Düsseldorf. Foto: Martin Gerten - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Polizei hat Einrichtungen eines islamistischen Netzwerks in neun Bundesländern durchsucht.

Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, umfassten die Razzien am Mittwoch etwa 90 Objekte in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Durchsucht wurden Vereinsräume, Privatwohnungen und Ladenlokale. An den Razzien waren 800 Beamte beteiligt. Schwerpunkte waren Nordrhein-Westfalen und Bayern. Festgenommen wurde niemand. Allein in NRW hatten die Vereine nach Angaben aus Sicherheitskreisen in den vergangenen Jahren mehr als zwölf Millionen Euro eingenommen.

An der Spitze des Netzwerks stehen laut Innenministerium die Vereine World-Wide-Resistance-Help und Ansaar International. WWR-Help hat seinen Hauptsitz im nordrhein-westfälischen Neuss, Ansaar International in Düsseldorf. Zwischen den Mitgliedern der beiden Vereine existieren zum Teil enge verwandtschaftliche Beziehungen.

Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass die Organisationen dem extremistischen Milieu zuzurechnen sind. Die Behörden identifizierten eine Kerngruppe von 15 Vereinsaktivisten. Es bestehen den Angaben zufolge Anhaltspunkte, dass sie die radikale Hamas-Bewegung finanziell und propagandistisch unterstützt haben. Die USA, Israel und die EU haben die islamistische Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, als Terrororganisation eingestuft. WWR-Help ruft auf seiner Internetseite zu Spenden für Bedürftige im Gazastreifen auf. Ansaar International hatte in der Vergangenheit auch für Hilfsaktionen unter anderem in Somalia, Syrien und Burma Spenden gesammelt.

Im Bericht des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes für 2017 ist von intensiven Kontakten zwischen beiden Vereinen die Rede. Bei Ansaar wurden dem Bericht zufolge zudem «intensive Kooperationen mit anderen Personen der extremistisch-salafistischen Szene» beobachtet.

Der Verfassungsschutz schrieb, auffällig sei, «dass es beim Personenkreis mittlerweile einige Überschneidungen zwischen diesem Verein und dem mittlerweile verbotenen Verein Die Wahre Religion/Lies! gibt». Dies deute darauf hin, dass Ansaar International in der extremistischen Szene ein Vakuum fülle, das durch das Verbot des Lies!-Vereins 2016 entstanden sei. Dieser hatte mit Koran-Verteilaktionen im öffentlichen Raum Aufmerksamkeit erregt.

«Wer unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe die Hamas unterstützt, missachtet fundamentale Wertentscheidungen unserer Verfassung», teilte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit. Dadurch werde das Engagement der vielen Hilfsorganisationen diskreditiert, die sich unter schwierigen Rahmenbedingungen zur Neutralität verpflichtet hätten.

Der Bundesliga-Club SV Darmstadt 98 hatte sich im Januar 2017 von Änis Ben-Hatira getrennt, nachdem der in Berlin geborene tunesische Spieler aufgrund seiner Zusammenarbeit mit Ansaar International massiv in die Kritik geraten war. Ben-Hatira finanzierte mehrere Hilfsprojekte der Organisation. Er lehnte es damals ab, sich von dem Verein zu distanzieren.

In die Ermittlungen gegen Ansaar International ist auch die Steuerfahndungsdienststelle beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt involviert. «Grund hierfür ist die Aufklärung komplexer, in das Ausland reichender finanzieller Geschäftsbeziehungen», hiess es aus dem Bundesinnenministerium. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte 2012 in einem Urteil zu einem anderen Verein, der gegen eine Verbotsverfügung geklagt hatte, geklärt, warum er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Dies sei der Fall, «wenn er einen der terroristischen Organisation der Hamas zugehörigen Sozialverein im Gazastreifen durch humanitäre Hilfeleistungen über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang unterstützt, ihm die Zugehörigkeit des unterstützten Vereins zur Hamas bekannt ist und er sich mit der Hamas einschliesslich der von ihr ausgehenden Gewalttaten identifiziert».

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