Demonstrationen gegen Rechts in Kassel und Halle

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Deutschland,

In Kassel und Halle treffen sich Rechtsextreme. Doch die Städte zeigen ihnen die Rote Karte. Zu Tausenden gehen die Bürger auf die Strasse.

Tausende Menschen demonstrieren in Kassel gegen den Aufmarsch der rechtsextremen Kleinstpartei «Die Rechte». Foto; Uwe Zucchi Foto: Uwe Zucchi
Tausende Menschen demonstrieren in Kassel gegen den Aufmarsch der rechtsextremen Kleinstpartei «Die Rechte». Foto; Uwe Zucchi Foto: Uwe Zucchi - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Tausende Menschen sind am Samstag in Kassel und Halle auf die Strasse gegangen, um gegen Treffen von Rechtsextremen zu protestieren.

In Kassel versammelten sich rund 10.000 Gegendemonstranten, in Halle beteiligten sich nach Veranstalter-Angaben rund 3000 Menschen an Aktionen gegen Rechts.

In Kassel standen den Gegendemonstranten rund 120 Teilnehmer einer rechten Kundgebung gegenüber. Diese protestierten gegen eine angebliche mediale Vorverurteilung im Zusammenhang mit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Der CDU-Politiker war am 2. Juni in seinem Haus im Landkreis Kassel erschossen worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der 45-jährige Stephan E. hatte die Tat gestanden und dann sein Geständnis widerrufen.

Trotz eines Grossaufgebotes der Polizei kamen sich Rechtsextreme und Gegendemonstranten zeitweise sehr nahe. Flaschen flogen, es gab Gerangel mit Einsatzkräften. Mehrere Personen wurden zeitweise fest- oder in Gewahrsam genommen.

Seit den Morgenstunden war die nordhessische Stadt in einer Art Ausnahmezustand: Busse und Bahnen hatten in der Innenstadt den Betrieb eingestellt. Die Polizei kontrollierte an Bahnhöfen, Teile der Stadt waren gesperrt. Das Stadtbild beherrschten die Gegendemonstranten, ein Bündnis gegen Rechts hatte zu zahlreichen Veranstaltungen aufgerufen und zog bereits vor Ankunft der Rechten mit 3000 Menschen durch Kassel.

Sie trugen T-Shirts und Schilder mit Sprüchen wie «Menschenrechte statt rechte Menschen» oder «Nazis nerven mehr als Wespen». Einige hielten sich auch Porträtfotos des erschossenen Walter Lübcke vor das Gesicht. Gegen Mittag wuchs die Zahl der Teilnehmer nach Polizeiangaben auf 10.000.

Die Rechtsextremen zogen durch mehrere Strassen. An zwei Stellen kamen sie und die Gegendemonstranten sich bis auf wenige Meter nahe. Die Polizei meldete, dass 31 Personen fest- oder in Gewahrsam genommen worden seien. Unter anderem gab es Verstösse gegen das Vermummungsverbot und das Waffengesetz, einmal wurden verfassungswidrige Symbole gezeigt. Verletzte habe es nicht gegeben.

Bundesjustizministerin (SPD) Christine Lambrecht kritisierte den rechten Aufmarsch: «Es ist widerlich und scheinheilig, wenn ausgerechnet die, die den Hass schüren, nun wenige Wochen nach diesem unfassbaren Verbrechen durch Kassel marschieren.» Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärte anlässlich des 75. Jahrestages des Attentats auf Adolf Hitler: «Der politisch motivierte Mord an Walter Lübcke zeigt, wie wichtig Zivilcourage und der Kampf gegen Hass und Hetze heute nach wie vor sind.»

Auch in Halle setzten zahlreiche Menschen mit mehreren Demonstrationen und Aktionen ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus. Auf Transparenten hiess es unter anderem «Nazi-Zentren dicht machen» oder «Kein Mensch braucht Nazis». Nach ersten Angaben eines Sprechers von «Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage» beteiligten am Samstag rund 3000 Menschen an den Aktionen.

Anlass für die Proteste war ein Treffen der Identitären Bewegung. Deren Anhänger haben in Halle ein Haus, das als Zentrum in Deutschland gilt. Der Verfassungsschutz hat die Bewegung erst kürzlich nach jahrelanger Prüfung als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestuft. Ein geplanter Aufzug der Bewegung am Samstag wurde kurzfristig abgesagt. Die Anhänger blieben daraufhin abgeschirmt von Polizisten vor ihrem Haus.

Aus Protest gegen die Bewegung gab es im Herzen der rund 230.000 Einwohner zählenden Stadt unter anderem ein Bürgerfest mit einem Bühnenprogramm, Informationsständen und einer Kunstinstallation mit Zitaten zum Thema Weltoffenheit. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) sagte auf dem Marktplatz, Extremismus jeder Art werde nicht hingenommen. Zugleich warnte er: «Das sind Zeiten, in denen wir leben, in denen Populisten, extremistische Bewegungen und Weltverschwörer mit ihren Thesen zunehmend auf fruchtbare Resonanz in Deutschland stossen, in Europa und der ganzen Welt.»

Rund um das Haus der Bewegung kam es zu spontanen Protesten - überwiegend von jungen Menschen, die lautstark und mit Sitzblockaden ihrem Unmut Luft machten. Bis auf vereinzelte Rangeleien blieb es laut Polizei weitgehend friedlich. Den Angaben zufolge waren bis zum Mittag rund 250 Anhänger der Identitären Bewegung nach Halle gekommen.

AfD-Chef Jörg Meuthen zog derweil in Zweifel, ob der Verfassungsschutz bei linken und rechten Gruppierungen gleiche Massstäbe anlegt. «Mir sind keine Gewaltaktionen der Identitären Bewegung bekannt, wie wir sie aus dem linken Lager kennen», sagte Meuthen den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Daher könne man sich fragen, «wie gerechtfertigt diese Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist».

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