Siemens erhöht zum dritten Mal die Prognose
Siemens aufzuspalten war ein riesiges Experiment. Knapp ein Jahr nach dem Börsengang der Energiesparte erweist sich der Schritt als richtig - zumindest aus Sicht des boomenden Restkonzerns.
Das Wichtigste in Kürze
- Dass Roland Busch am Donnerstag schon wieder die Prognose für Siemens erhöhen kann, liegt auch an seinem Vorgänger Joe Kaeser.
Drei Quartale lang verantwortet Busch nun die Geschäfte von Siemens, seit Februar steht er auch nominell an der Konzernspitze.
Und jedes Mal, wenn er die Zahlen eines dieser Quartale vorlegte, hat er die Jahresprognose für den Konzern nach oben geschraubt - so auch nach dem dritten Geschäftsquartal, das im Juni endete.
Die Geschäfte laufen blendend, der Gewinn verdreifachte sich im Vergleich zum von Corona und Sondereffekten belasteten Vorjahresquartal auf 1,5 Milliarden Euro, der Umsatz legte fast ein Viertel auf 16,1 Milliarden zu und auch der Auftragseingang zog kräftig an. «Wir wachsen sehr stark, weil wir die richtigen Technologien zur richtigen Zeit haben», sagt der Konzernchef. Die sich beschleunigende Digitalisierung spielt Siemens derzeit ebenso in die Karten wie die Erholung seiner Märkte und Kunden.
Und dann spricht Busch immer wieder vom «fokussierten Technologieunternehmen» Siemens - und hier kommt Vorgänger Kaeser ins Spiel. Der hatte das Industriekonglomerat aufgespalten, Medizintechnik und Energiesparte als Siemens Healthineers und Siemens Energy an die Börse gebracht. Derzeit kann man sie als gute und böse Tochter bezeichnen. Healthineers glänzt - auch dank der sich gut verkaufenden Coronatests - und hat die Prognose drei Mal erhöht. Energy leidet unter Problemen bei der Windkraft, schreibt rote Zahlen und hat die Aussichten bereits zwei Mal nach unten geschraubt.
Doch dank der Abspaltung schlagen die Probleme bei der ehemaligen Energiesparte nicht mehr voll durch. Zwar belasten sie ein Stück weit das Ergebnis von Siemens und Busch betont: «Wir waren nicht erfreut, was da passiert ist», doch es ist nicht mehr unmittelbar sein Problem. Er gehe davon aus, dass die Chefs von Energy und dessen Windkrafttochter Siemens Gamesa die Probleme in den Griff kriegen werden, kann Busch am Donnerstag relativ entspannt sagen.
Joe Kaeser ist dabei als Aufsichtsratschef von Energy weiter im Boot. Am Donnerstag kann er es sich aber nicht verkneifen, über Twitter die Aufspaltung zu loben. Er sei glücklich, dass sich die Strategie so auszahle, das werde auch die letzten Skeptiker überzeugen, dass es richtig gewesen sei, ein neues Siemens zu bauen, schreibt er. An der Börse ist die Überzeugung schon angekommen. Seit der Energy-Abspaltung hat das verbliebene Siemens gut 40 Prozent an Wert zugelegt.
Auch im laufenden vierten Geschäftsquartal erwartet Siemens gute Zahlen. Entsprechend schraubt der Konzern seine Erwartungen für das Gesamtjahr weiter nach oben: Laut der zum dritten Mal erhöhten Prognose will Siemens nun 6,1 bis 6,4 Milliarden Euro verdienen - bisher waren es 5,7 bis 6,2 Milliarden. Auch der Umsatz soll noch einmal stärker wachsen.
Das Wachstum im abgelaufenen Quartal verteilte sich quer durch Geschäftsbereiche und Regionen. «China war erneut ein entscheidender Wachstumsmotor - aber auch Europa und die Vereinigten Staaten», sagt Busch. Zudem profitierte der Konzern von einer starken Erholung seiner Schlüsselmärkte von Autoindustrie, Maschinenbau und Elektroindustrie über Infrastruktur bis zu Rechenzentren und Mobilität.
Ein Teil der Zuwächse geht aber auch darauf zurück, dass Kunden derzeit aus Furcht vor abbrechenden Lieferketten grössere Lagerbestände aufbauen. Dieser Wachstumstreiber könnte im kommenden Jahr ausschwingen, wie Busch betont.
Im dritten Quartal habe man «erneut geliefert - mit starkem und profitablem Wachstum in allen Geschäftsbereichen», sagt Busch. Siemens Energy ist ja keiner mehr von ihnen.