Bei einem Israel-Besuch hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor neuen Formen des Antisemitismus gewarnt.
Frankreichs Präsident Macron in der Altstadt von Jerusalem
Frankreichs Präsident Macron in der Altstadt von Jerusalem - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Studie zeigt massive Wissenslücken in Frankreich über Holocaust.
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Dazu gehöre auch «der Antizionismus, wenn er das Existenzrecht des Staates Israel in Frage stellt», sagte Macron am Mittwoch nach einem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und Präsident Reuven Rivlin in Jerusalem. Rund 75 Jahre nach der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz offenbarte eine Studie zugleich massive Wissenslücken in Frankreich über den Holocaust.

Macron behielt sich «Meinungsunterschiede oder Kritik» an der Politik der israelischen Regierung vor. Am Nachmittag wollte der französische Staatschef in Ramallah mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammentreffen.

Macron nimmt am Donnerstag am Welt-Holocaust-Forum in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem teil, zu dem sich mehr als 30 Staatsoberhäupter angesagt haben. Der französische Präsident will dort eine Rede halten, ebenso wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Unterdessen zeigte eine Studie, dass viele Franzosen das Ausmass der Shoah deutlich unterschätzen. Der Untersuchung zufolge wissen 57 Prozent nicht, dass rund sechs Millionen Juden während des Holocaust getötet wurden. Bei Jüngeren mit Geburtsdatum ab 1980 sei diese Unwissenheit mit 69 Prozent noch deutlich stärker ausgeprägt.

Auch über die Vernichtungslager oder die Kollaboration des Vichy-Regimes mit den Nazis wissen viele Franzosen demnach nicht Bescheid. So kannte noch nicht einmal jeder Fünfte die Lager Dachau und Buchenwald in Deutschland. Nur zwei Prozent der Franzosen hatten zudem von dem Lager Drancy nördlich von Paris gehört, von dem aus mehr als 60.000 Juden in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Das schwindende Wissen über den Holocaust gehe «einher mit einem immer stärker werdenden Antisemitismus in Frankreich, aber auch weltweit», warnte Rüdiger Mahlo von der jüdischen Claims Conference, die sich für die Entschädigung von Holocaust-Überlebenden weltweit einsetzt.

Auf Initiative Macrons hatte das französische Parlament im Dezember einer verschärften Definition des Antisemitismus zugestimmt. Darin heisst es unter anderem: «Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel richten, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird.» Dieser Wortlaut geht auf die Internationale Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) zurück, in der EU haben ihn 16 Länder bereits verabschiedet.

Die neue Definition war auch in den Reihen von Macrons Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung, LREM) umstritten. Gegner fürchten, dass Kritik an der israelischen Politik damit in die Nähe von Antisemitismus gerückt werden könnte. In Frankreich war die Zahl antisemitischer Übergriffe zuletzt um 74 Prozent gestiegen.

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