Sommer in Deutschland: Touristiker rechnen mit Ansturm
Das Wichtigste in Kürze
- Die Signale für einen Sommerurlaub zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen stehen auf grün: Die Wirtschaftsminister der Länder streben unter Auflagen vom 9. bis 22.
Mai eine bundesweite Öffnung des Gastgewerbes an. Für Hotels und Pensionen wird eine Öffnung bis Ende Mai angepeilt.
Möglicherweise findet aber nicht jeder Urlaubshungrige sein Traumquartier. Denn wegen der Corona-Pandemie soll es nicht zu eng werden in Unterkünften oder Restaurants. Ohne Einschränkungen wird es in diesem Jahr nicht gehen.
Die Länder sollen bei der Öffnung von Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen in eigener Verantwortung vorgehen. Einige Länder wie Bayern, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern hatten bereits eigene Pläne für die schrittweise Öffnung von Gastronomie und Tourismusbranche vorgestellt.
HOTELS: Urlauber, die bereits gebucht haben, dürften kaum Probleme haben. Doch jetzt rechnen Reiseveranstalter mit einem Ansturm in Deutschland. «Zu bestimmten Zeiten und in sehr beliebten Regionen sind Engpässe nicht auszuschliessen» sagt Ralph Schiller, Geschäftsführer bei der FTI Group. Ferienwohnungen und Hotels an den deutschen Küsten und im Voralpenland seien auch in den vergangenen Jahren in den Sommerferien grösstenteils ausgebucht gewesen, «reduzierte Kapazitäten verschärfen die Situation jetzt zusätzlich». Schiller rechnet damit, dass davon viele Unterkünfte profitieren werden, die in bislang weniger stark nachgefragten Regionen liegen. FTI habe sein Angebot in Deutschland bereits vor Corona deutlich vergrössert.
«Wenn Hotels und Ferienclubs ihre Kapazitäten begrenzen müssen, wird es punktuell vielleicht mal einen Engpass geben. Letztlich müssen wir aber die konkreten Vorgaben der einzelnen Länder abwarten», erläutert ein Tui-Sprecher. Der Trend dürfte im Sommer vor allem Richtung Küste gehen. Mit Preisaufschlägen wegen höherer Kosten für Sicherheitsmassnahmen müssten Tui-Kunden nicht rechnen. «Es wird keinen Corona-Aufschlag geben», sagt der Sprecher. Aber: «Wenn alles ausgebucht ist, gehen die Preise im Buchungssystem automatisch nach oben. Das ist ganz normal und hat mit Angebot und Nachfrage zu tun.» Auf Büffets werde man vorerst verzichten. Vorstellbar sei ein Schichtbetrieb beim Essen oder verstärkter Room-Service. «Letztlich muss das jedes Hotel je nach Grösse und Ausstattung entscheiden.»
FERIENHÄUSER/CAMPINGPLÄTZE: Der Deutsche Tourismusverband (DTV) verzeichnet inzwischen steigende Buchungsanfragen vor allem für Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Angesichts sich abzeichnender Lockerungen für Reisen in Deutschland dürfte sich die Zahl jetzt noch deutlich erhöhen, sagt DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz. «Wir gehen davon aus, dass die Menschen nach dieser schwierigen Zeit dieses wiedergewonnene Stück Freiheit nutzen wollen». Wichtig sei, dass die Urlauber auf bundesweit einheitliche Regelungen und Schutzstandards vertrauen könnten.
Der Campingverband rechnet mit starker Nachfrage insbesondere für die Sommermonate Juli und August. «Wir empfehlen den Campern, wenn möglich auf andere Zeiten auszuweichen und Reisen im voraus, möglichst frühzeitig zu buchen», sagt Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland. Im Einzelfall könne es wegen Beschränkungen, die die Politik auferlege, zu Engpässen kommen. «Bei 50 Prozent Kapazität wie in Niedersachsen vom 11. Mai an, ist davon auszugehen, dass die Kapazitäten nicht reichen werden». Preiserhöhungen wegen Kosten für Schutzmassnahmen schliesst Günther nicht aus.
BELIEBTE REGIONEN: Nicht nur in den Küstenregionen wird mit steigenden Besucherzahlen gerechnet. Auch die Tourismusregionen etwa in Bayern stellen sich auf hohe Buchungszahlen bereits am Pfingstwochenende ein. «Wir gehen davon aus, dass wir eine ganze Reihe Gäste haben werden», sagt beispielsweise Bernhard Joachim, Geschäftsführer der Allgäu GmbH. «Wer am Pfingstwochenende kommen will, sollte bald buchen.» Am 30. Mai sollen in Bayern Hotels nach den Plänen der Staatsregierung wieder öffnen dürfen.
GESUNDHEITSSCHUTZ: Vorschläge hat der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga erarbeitet. So sollten Hotels und Restaurants etwa Tische so platzieren, dass ein Mindestabstand von mindestens 1,5 Metern gewahrt werden kann, heisst es in einer Ideenliste des Verbands für die Branche. Auf Buffets sollten die Betriebe demnach verzichten und Salz- und Pfefferstreuer von den Tischen räumen. Auch das Essensangebot solle minimiert werden. Anstelle von Speisekarten zum blättern könnten die Betriebe sie digital zum Download anbieten, so dass die Kunden sich ein Gericht auf dem Handy aussuchen könnten. Im Wellnessbereich sei die Anzahl der Personen pro Sauna zu begrenzen. Der Berliner Dehoga-Landesverband schlug zudem vor, eine maximale Aufenthaltsdauer für Restaurantgäste einzuführen.
Beispiel Mecklenburg-Vorpommern: Hier bereiten sich die Gesundheitsämter auf steigende Besucherzahlen vor. Wenn es doch zu Neu-Infektionen kommen sollte, hätten die Ämter die Möglichkeit, die Kontakte der Betroffenen schnell und sicher zurückzuverfolgen, da bei jeder Zimmerbuchung und Tischbestellung Kontaktdaten hinterlassen würden, berichtet der Sprecher der Hansestadt Rostock, Ulrich Kunze. «Wenn wir als örtliche Gesundheitsbehörde das Gefühl haben, dass die bestehenden Massnahmen zum Schutz der Menschen nicht ausreichen, wird schnell gegengesteuert.»
VORBEREITUNGSZEIT: Jedes zweite Unternehmen der Reisebranche und vier von fünf Betrieben des Gastgewerbes sehen sich laut einer aktuell laufenden Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zu einem schnellen Hochfahren in der Lage. Das betrifft einen Zeitraum von «sofort» bis «Vorlauf von ein bis zwei Wochen», wie aus einer Vorabauswertung der Umfrage hervorgeht. DIHK-Präsident Eric Schweitzer dämpft aber allzu grosse Erwartungen an eine schnelle Erholung der betroffenen Betriebe: «Ein Einstieg in den Re-Start bedeutet ja nicht, dass die Unternehmen nach fast zwei Monaten Shutdown gleich wieder ohne Einschränkung loslegen dürfen». Durch den erhöhten Gesundheitsschutz hätten sie zunächst deutlich mehr Aufwand, höhere Kosten und zugleich für einen langen Zeitraum weniger Umsatz.