Koalitionsknatsch um Unions-Affären

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Deutschland,

Die Masken-Affäre von CDU und CSU liefert Stoff für den Wahlkampf im Superwahljahr - auch dem Regierungspartner SPD. Können sich die Koalitionäre noch auf gemeinsame Konsequenzen einigen?

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wirft der SPD vor, sie missbrauche die Corona-Pandemie zum Wahlkampf. Foto: Michael Kappeler/dpa
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wirft der SPD vor, sie missbrauche die Corona-Pandemie zum Wahlkampf. Foto: Michael Kappeler/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die SPD hat die Union in der Masken- und Lobbyismusaffäre scharf angegriffen.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans warf dem Koalitionspartner vor, die Verfehlungen bei CDU und CSU hätten System.

Kurz vor dem Auftakt zum Superwahljahr mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Sonntag keilte die Union zurück. Auch über die Konsequenzen aus den Vorwürfen von Korruption und Lobbyismus zeichnet sich Streit zwischen Union und SPD ab - von den Sozialdemokraten kamen neue Vorschläge.

Drei Parlamentarier hatten die Unionsfraktion verlassen, nachdem bekannt geworden war, dass sie oder ihre Firmen für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken Provisionen erhalten hatten, beziehungsweise nachdem der Verdacht der bezahlten Einflussnahme zugunsten der autoritär regierten Kaukasusrepublik Aserbaidschan laut geworden war. Sie wiesen die Vorwürfe zurück. Die Fraktionsspitze hatte alle Unionsparlamentarier aufgefordert, bis Freitagabend zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt haben. Alle gut 240 Abgeordneten von CDU und CSU unterzeichneten die angeforderte Erklärung.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt drohte mit Konsequenzen, falls jemand falsch geantwortet habe. «Jeder weiss, was es bedeutet, wenn man hier nicht die Wahrheit erklären würde: Solche Kolleginnen hätten keinen Platz mehr in unserer Fraktion», sagte er im ZDF. In der Fraktion gibt es auch Stimmen, die sich beim Thema Aserbaidschan eine umfassendere Abfrage gewünscht hätten. Roderich Kiesewetter (CDU) sagte dem Sender: «Ich hätte mich gefreut, wenn die Abfrage breiter gefasst worden wäre - nicht nur auf medizinisches Gerät und Masken, sondern dass alles auf den Prüfstand kommt.»

SPD-Chef Walter-Borjans sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» («FAS»): «In Teilen von CDU und CSU ist das Prinzip, dass eine Hand die andere wäscht, immer wieder zum Vorschein gekommen. Das Waschmittel dabei ist Geld - und dem stehen in diesen Parteien einige besonders nah.» Dazu passe, dass CDU und CSU regelmässig Vorstösse für mehr Transparenz blockierten. «Die Parteivorsitzenden Armin Laschet und Markus Söder müssen jetzt klarmachen, dass sie strukturell wirklich etwas verändern wollen.»

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte der «FAS», die SPD missbrauche die Corona-Pandemie seit Monaten zum Wahlkampf. Nun mache sie «in einer ziemlich dreisten Art Tausende CDU-Mitglieder verächtlich». CSU-Generalsekretär Markus Blume erinnerte die SPD in der Zeitung daran, dass bei ihr ein Abgeordneter wegen Bestechlichkeit vor Gericht steht, ohne dass er das Mandat abgegeben hat. Er sprach von einer «dubiosen Rolle» des SPD-Kanzlerkandidaten und Finanzministers Olaf Scholz im Wirecard-Skandal und davon, dass Altkanzler Gerhard Schröder «als russischer Söldner ungeniert für ein autokratisches Regime» arbeite. «Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sollten dringend mal anfangen, in ihrem eigenen Laden aufzuräumen.»

Auch Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) wies die SPD-Vorwürfe zurück: «Es ist kein strukturelles Problem in der CDU oder der CSU», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Die Vorgänge seien nicht vergleichbar mit der Spendenaffäre des damaligen CDU-Chefs und Kanzlers Helmut Kohl. Gelder, die in «unmoralischer Weise entgegengenommen» worden seien, sollten zurückgezahlt werden.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, ob CDU und CSU ihre Beteuerungen für mehr Transparenz ernst meinten, werde sich sehr schnell in konkreten Gesprächen in der Koalition zeigen. Einkünfte, die Abgeordnete neben ihrem Mandat erzielen, sollten auf Euro und Cent genau offengelegt werden, nicht erst ab 100.000 Euro wie die Union vorschlage. «Die Union muss sich daran messen lassen, ob sie endlich bereit ist für umfassende gesetzliche Regelungen. Selbsterklärungen reichen nicht aus.»

Die SPD-Führung macht sich für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung stark. So sollen Bürgerinnen und Bürger leichter an Daten der öffentlichen Verwaltung kommen, wie es in einem Entwurf für den SPD-Vorstand heisst, der an diesem Montag beschlossen werden soll und der dpa in Berlin vorliegt. Das Informationsfreiheitsrecht solle fortentwickelt, offene Daten sollten kostenfrei bereitgestellt werden. Die Informationsfreiheitsgesetze regeln die Bereitstellung von Daten zwar bereits seit Jahren. Antragsteller kritisieren aber immer wieder, dass sie an Grenzen stossen.

In ihrem neuen Entwurf fordert die SPD-Spitze auch, dass der Bundestagspräsident als Kontrollinstanz besser ausgestattet wird, so dass die Regeln auch durchgesetzt werden können. Wahlkampfhilfe etwa durch kostspielige Anzeigen solle wie Parteispenden behandelt werden und in den Rechenschaftsberichten aufgeführt werden.

Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) räumte im Internetformat «Bild Live» ein: «In den letzten 20 Jahren ist das sicherlich eine der schwersten Krisen, die wir als Union mitmachen. Schwer vor allen Dingen deshalb, weil es eine Glaubwürdigkeitskrise ist.» Deswegen sei es «entscheidend, dass wir uns ganz unmissverständlich an die Spitze derer stellen, die solche Dinge für die Zukunft verhindern möchten».

Die Fraktionen von Union und SPD hatten am Freitag Verhandlungen über Verschärfungen der Regeln zunächst ohne Ergebnis unterbrochen. In der neuen Woche werde weiterverhandelt, hiess es danach aus den Fraktionen.

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