Literaturnobelpreis

Lyrikerin Louise Glück bekommt Literaturnobelpreis

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Schweden,

Ein Literaturnobelpreis ohne Skandal und Kontroverse: Die Schwedische Akademie steuert mit der Auszeichnung einer weissen, amerikanischen Poetin in keine neue Krise hinein. Die Auswahl von Louise Glück ist dennoch eine Überraschung - auch wenn sie zweifellos verdient ist.

Die amerikanische Poetin Louise Glück erhält in diesem Jahr den Literaturnobelpreis. Foto: Shawn Thew/epa/dpa
Die amerikanische Poetin Louise Glück erhält in diesem Jahr den Literaturnobelpreis. Foto: Shawn Thew/epa/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die amerikanische Lyrikerin Louise Glück wird in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.

Vier Jahre nach dem Nobelpreis für den Songpoeten Bob Dylan geht der renommierteste Literaturpreis der Welt damit erneut an eine lyrische Stimme aus den USA. Die 77-Jährige wird damit «für ihre unverkennbare poetische Stimme» ausgezeichnet, mit der sie «mit strenger Schönheit die individuelle Existenz universell macht», wie die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekanntgab.

Die Schwedische Akademie sorgt damit ebenso wie bei der Auszeichnung des Österreichers Peter Handke im Vorjahr für eine Überraschung. Im Gegensatz zu alljährlichen Favoriten wie den Kanadierinnen Anne Carson und Margaret Atwood, dem Japaner Haruki Murakami oder dem Kenianer Ngugi wa Thiong'o hatten Experten und Wettanbieter den Namen Louise Glück vorab nicht auf dem Zettel gehabt. Gleichzeitig ist die Ehrung der Amerikanerin zweifellos verdient - nicht umsonst hat Glück in ihrer amerikanischen Heimat bereits zahlreiche Auszeichnungen abgeräumt, darunter der Pulitzer-Preis und der National Book Award.

«Louise Glücks Stimme ist unverwechselbar»», sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees der Akademie, Anders Olsson, bei der Bekanntgabe in der Altstadt von Stockholm. «Sie ist aufrichtig, kompromisslos und signalisiert, dass diese Poetin verstanden werden will. Aber es ist auch eine Stimme voller Humor und beissender Scharfsinnigkeit.» Glücks Werk weise eine durchweg hohe Qualität auf, weshalb es schwierig sei, einen einzelnen Titel hervorzuheben. Es sei fantastisch gewesen, sich während des Auswahlprozesses durch ihre Arbeiten zu lesen.

Glück wurde in New York geboren und wuchs in Long Island auf. Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt «Firstborn» (1968) veröffentlichte die heutige Literaturprofessorin elf weitere Gedichtbände sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie. Aktuell lehrt sie an der Elite-Uni Yale in New Haven im US-Staat Connecticut Englisch. Auf Deutsch sind von Glück bei Luchterhand (München) zwei Gedichtbände erschienen: 2007 «Averno» und 2008 «Wilde Iris». Sie sind jedoch vergriffen.

Bei dem Verlag schlug die Nachricht von dem Preis wie aus dem Nichts ein. «Uns hat das überrascht und gefreut», sagte Luchterhand-Sprecher Karsten Rösel der Deutschen Presse-Agentur. Wenn sie mit einem Gewinner aus ihrem Haus gerechnet hätten, dann wäre das eher Maryse Condé gewesen, die als eine der Favoritinnen gegolten hatte.

Auch Glück selbst hatte offenbar nicht mit dem Preis gerechnet, wie der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, Mats Malm, bei der Verkündung anklingen liess. Sie sei überrascht, aber trotz des frühen Morgens in den USA glücklich gewesen über die Nachricht, sagte er.

Der deutsche Literaturkritiker Denis Scheck begrüsste die Entscheidung der Akademie. «Es ist eine Überraschung, aber keine schlechte», sagte er der dpa. Glück sei eine äusserst qualitätsvolle und in den USA sehr berühmte Lyrikerin, ihre Auszeichnung unterstreiche, welche Bedeutung die Lyrik auch im 21. Jahrhundert besitze.

«Die Akademie hat sich damit einen sehr sicheren Hafen gesucht nach der Kontroverse um Peter Handke im letzten Jahr», sagte Scheck weiter. Handke war im Vorjahr als Preisträger 2019 neben der Polin Olga Tokarczuk ausgezeichnet worden, die nachträglich für das vorherige Jahr geehrt worden war.

2018 war der Literaturnobelpreis zunächst ausgefallen, weil die Schwedische Akademie in eine tiefe Krise rund um das mittlerweile ausgetretene Akademiemitglied Katarina Frostenson und ihren wegen Vergewaltigung verurteilten Ehemann Jean-Claude Arnault gestürzt war. Dass dann der Name Handke bei der Doppel-Vergabe ein Jahr später fiel, führte wegen dessen umstrittenen Haltungen zum Jugoslawien-Konflikt zu erneuter Kritik und zu Protesten.

Die Nobelpreise sind diesmal mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro) pro Kategorie dotiert. Offiziell gewürdigt werden die Preisträger traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel. Die prunkvollen Preiszeremonien, auf denen die Geehrten üblicherweise ihre Medaillen und Diplome erhalten, finden in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht statt. Die Verleihung im Konzerthaus von Stockholm soll durch eine im Fernsehen übertragene Vergabe im Rathaus der Stadt ersetzt werden, auf der die Preisträger aus der Ferne zugeschaltet werden.

Die Preisvergabe an Glück und die klassische Nobelvorlesung sollten so mit einer Institution in ihrer Nähe in den USA arrangiert werden, sagte Malm. «Wegen der Pandemie wird es nicht möglich sein, die Nobelpreisträger in diesem Dezember in Stockholm zu versammeln.» Nach Arnault-Krise und Handke-Kontroverse wird damit auch der diesjährige Preis in gewisser Weise besonders werden in Stockholm.

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