Vergewaltigung? Deutschen drohen auf Mallorca harte Strafen
Das Wichtigste in Kürze
- Drei Mallorca-Touristen aus Deutschland wird ein schweres Verbrechen vorgeworfen: Nach der Anzeige einer 18-Jährigen, die ebenfalls aus Deutschland stammt, werden die Männer der Vergewaltigung beziehungsweise der Verschleierung der mutmasslichen Tat beschuldigt.
Ihnen droht auf der spanischen Ferien-Insel bei Verurteilung eine harte Strafe: Freiheitsentzug von bis zu 15 Jahren. Auf Milde dürfen die Verdächtigen, sofern es zum Prozess kommt, gerade in Spanien nicht hoffen. Eine Serie von Gruppenvergewaltigungen hat im einstigen Macholand in den vergangenen drei Jahren die Öffentlichkeit tief erschüttert und die spanische Justiz für solche Straftaten sensibilisiert.
Wie es in dem Fall weitergeht, entscheidet nun ein Haftrichter. Die Verdächtigen werden dem «Juez de Instrucción» Rede und Antwort stehen müssen. Der Termin für die Anhörung stehe aber noch nicht fest, sagte eine Sprecherin der Polizei der spanischen Insel am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. «Die richterliche Anhörung muss spätestens 72 Stunden nach der Festnahme erfolgen», erklärte sie. Somit wird bis Sonntagvormittag feststehen, ob die Männer in U-Haft oder gegebenenfalls unter Auflagen auf freien Fuss kommen.
Die drei Urlauber waren am frühen Donnerstagmorgen zusammen mit einem vierten Mann auf dem Flughafen von Palma de Mallorca festgenommen worden, bevor sie den Rückflug antreten konnten. Die Zeitung «Última Hora» veröffentlichte ein Bild der Festnahme. Darauf ist zu sehen, wie die - allem Anschein nach junge - Männer mit dem Gesicht zu einer Wand niederknien.
Einer der vier Männer sei auf freien Fuss gesetzt worden, weil er ein Alibi habe vorweisen können, so die Behörden. Bei einer kurzen Stellungnahme sagte ein Sprecher der Polizeieinheit Guardia Civil vor Journalisten, die Verdächtigen hätten ihren Rückflug zwar nicht vorgezogen. «Sie haben sich aber auf dem Flughafen getrennt, um uns zu verwirren. Das haben sie allerdings nicht geschafft.» Die Polizei wollte die Vernehmung der Verdächtigen fortsetzen. Sie werde «bis zu zehn Personen als Zeugen befragen».
Zwei der Männer gelten als Hauptverdächtige, der dritte wird den amtlichen Angaben zufolge der Verschleierung beschuldigt. Nach Berichten von Regionalmedien, die sich auf Behördenquellen berufen, haben die Verdächtigen in einem ersten Polizeiverhör die Tat bestritten. Sie hätten eingeräumt, es habe mit der Deutschen Geschlechtsverkehr gegeben, der sei aber «einvernehmlich» gewesen.
Die Frau hatte laut Guardia Civil kurz nach der mutmasslichen Tat gegen sechs Uhr morgens ausgesagt, sie sei am späten Mittwochabend auf einem Zimmer im Hotel der Gruppe im Badeort Cala Rajada im Nordosten Mallorcas von zweien der Männer im Beisein von zwei anderen vergewaltigt worden. Die Touristin habe ihren Angaben zufolge die Männer beim Feiern in Cala Rajada kennengelernt und sei freiwillig mit ihnen ins Hotel gegangen. Sie sei dann aber mit Gewalt ins Zimmer gezerrt worden.
Die junge Frau, die viel geweint und Griffmarken an den Armen und an den Handgelenken aufgewiesen habe, sei inzwischen in einem Krankenhaus untersucht worden. Die Experten hätten Indizien dafür gefunden, dass sie Opfer sexueller Gewalt geworden sei, berichteten die Regionalzeitungen «Diario de Mallorca» und «Última Hora» unter Berufung auf die zuständigen Ermittler.
Die Gruppe der Verdächtigen wird in den spanischen Medien «La Manada alemana» genannt. «Das deutsche Rudel». Warum? Das hat mit einem Aufsehen erregenden Fall von Juli 2016 zu tun. Damals hatten fünf Männer eine 18-Jährige, die sie kurz zuvor bei den Feiern am Rande der Stiertreiben von Pamplona kennengelernt hatten, nach Mitternacht in einen dunklen Hausflur gedrängt. Sie filmten anschliessend, wie sie sich an der jungen Frau vergingen und teilten über Whatsapp die Aufnahmen auch mit anderen. Die Gruppe nannte sich selbst «La Manada» - und brüstete sich mit der Tat.
Voriges Jahr hatte das Landgericht in Navarra die heute 28- und 29-Jährigen zu neun Jahren Haft «wegen sexuellen Missbrauchs» verurteilt. Das relativ milde Urteil löste damals in ganz Spanien Empörung aus. Es gab landesweite Protestdemos und ungewöhnlich scharfe Kritik an der Justiz auch von Politikern und Angehörigen der Zentralregierung in Madrid. Das milde Urteil sei für die relativ hohe Zahl von Gruppenvergewaltigungen, die es seit 2016 gegeben habe, mitverantwortlich, klagten Frauenverbände.
Die Folge: Das Urteil wurde im vorigen Juni im Berufungsverfahren vor dem Obersten Gericht deutlich verschärft und für alle fünf Angeklagten auf 15 Jahre erhöht. Diese Entscheidung wurde begrüsst. Die Staatsanwaltschaft meinte, sie werde eine «sofortige positive Wirkung auf die Vorbeugung» solcher Straftaten haben und auch dazu führen, dass die «Opfer keine Angst mehr haben werden, den Tätern vor Gericht die Stirn zu bieten». Ministerpräsident Pedro Sánchez jubelte auf Twitter: «Weil wir Dir (dem Opfer) geglaubt haben, weil wir Euch allen (Opfern) glauben.»
Zum Alter und zur Identität der Verdächtigen, die am Freitag in einer Wache der Guardia Civil in Artà weiter hinter Gittern sassen, wurde nichts mitgeteilt. Berichte deutscher Medien, wonach sie aus dem Raum Frankfurt stammen sollen, wurden von den Behörden auf Mallorca nicht bestätigt. «Wegen der laufenden Ermittlungen dürfen wir dazu überhaupt nichts sagen», so die Polizeisprecherin. Auf Anfrage teilte das Auswärtigen Amt mit, die Festnahmen seien bekannt. Weitere Angaben werde man aus Gründen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht machen.