«Viel zu viele Provokationen»: EU auf Konfrontationskurs zur Türkei
Die EU geht auf Konfrontation mit der Türkei. Präsident Recep Tayyip Erdogan wird von der EU gar nicht mehr ernst genommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Streit um Erdölvorkommen im Mittelmeer gibt es keine Entspannung.
- Von Seiten der Türkei hat es laut Heiko Maas zu viele Provokationen gegeben.
- Griechenland fordert ein allgemeines Waffenembargo gegen die Türkei.
Die deutschen Bemühungen um eine Entspannung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind vorerst gescheitert. Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) erklärte am Montag in Brüssel, es habe «viel zu viele Provokationen» gegeben. Deshalb werde nun beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag über die Konsequenzen entschieden werden müssen.
Im Gespräch sind vor allem Strafmassnahmen wegen der als illegal erachteten türkischen Erdgaserkundungen vor Zypern. Griechenland fordert zudem ein allgemeines EU-Waffenembargo gegen die Türkei. Für einen solchen Schritt dürfte es aber vorerst nicht die erforderliche Zustimmung aller anderen EU-Staaten geben.
Heiko Maas und Josep Borrell sind enttäuscht
«Uns geht es innerhalb der EU jetzt zunächst einmal darum, zu reagieren. Auf das, was insbesondere mit Blick auf Zypern schon sehr, sehr lange innerhalb diskutiert wird», sagte Maas. Deutschland sei grundsätzlich der Auffassung, dass die Europäische Union weiterhin einen Dialog mit der Türkei führen müsse.
Zugleich zeigte sich Maas enttäuscht über die jüngsten Entwicklungen. «Gerade Deutschland hat sich in den letzten Wochen sehr viel Arbeit gemacht, um Kompromisse zu erzielen. Auch zwischen der Türkei, Griechenland und Zypern», erklärte er. «Das ist bedauerlicherweise nicht gelungen.»
Ähnlich äusserte sich der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell nach den Beratungen mit den EU-Aussenministern. Die Situation habe sich weiter verschlechtert, konstatierte der Spanier. Niemand könne eine wesentliche Änderung des türkischen Verhaltens erkennen.
Griechen werfen illegale Erkundungen vor
In dem Konflikt geht es darum, dass Griechenland und Zypern der Türkei vorwerfen, im östlichen Mittelmeer illegal Erdgasvorkommen zu erkunden. Die türkische Regierung weist die Vorwürfe zurück. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Erdgassuche rechtmässig sei und nur in Seegebieten erfolge, die zum türkischen Festlandsockel gehören.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Montag, es sei nicht möglich, dass die Türkei Zuschauer bleibe. Sein Land habe mit der längsten Küste im Mittelmeer ein Recht darauf. Ankara vertrete die eigenen Interessen und die der türkischen Zyprer. Die Türkei habe mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass sie sich «Drohungen und Erpressungen» nicht beugen werde, sagte er weiter.
Zudem warnte Erdogan die EU vor einer Instrumentalisierung durch Griechenland. Die Europäische Union müsse sich sobald wie möglich von ihrer «strategischen Blindheit» befreien. Sie dürfe nicht zulassen, dass sie von Griechenland als «Rammbock im östlichen Mittelmeer» benutzt werde.
Er wünsche nach wie vor eine Konferenz mit allen beteiligten Akteuren. «Wie erwarten von unseren Ansprechpartnern, dass sie diese Hand, die die Türkei ausgestreckt hat, nicht in der Luft hängenlässt.»
EU nimmt Erdogan nicht mehr ernst
In der EU werden solche Äusserungen mittlerweile allerdings kaum mehr ernst genommen. So hatte Erdogan jüngst mit einem Besuch der früher von Griechisch-Zyprern bewohnten Küstensiedlung Varosha in Nordzypern für neuen Ärger gesorgt.
Zypern ist seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention geteilt. Im Norden gibt es die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. Die Republik Zypern, die seit 2004 EU-Mitglied ist, beherrscht nur den Süden der Insel.