E-Autos soll mit Milliardenhilfen der Durchbruch gelingen
Die Kaufprämie für E-Autos hat bisher nicht allzu viele Kunden begeistert. Nun hat wieder ein «Autogipfel» getagt - und den Zuschuss erhöht. Nimmt die Elektromobilität nun richtig Fahrt auf?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine noch höhere Kaufprämie soll endlich mehr Deutsche dazu bringen, von Benzin und Diesel auf Elektroautos umzusteigen.
Ausserdem werden deutlich mehr Ladestationen aufgestellt. Das sind Kernergebnisse eines Spitzentreffens von Bundesregierung und Autoindustrie.
Elektro-Fahrzeuge sollen den Durchbruch auf dem Massenmarkt schaffen und «alltagstauglich» werden. Deutschland solle «global führender Standort für die Automobilindustrie der Zukunft» bleiben, lautet das Ziel. Die Branche steckt im schwierigen Umbruch. Die Beschlüsse von Montagabend im Kanzleramt im Überblick.
Kaufprämie für E-Autos:
Die Kunden können sich auf höhere Zuschüsse einstellen, wenn sie E-Autos kaufen. Bislang hat die Kaufprämie nur wenige Kunden überzeugt: Seit 2016 gab es nach amtlichen Daten knapp 152.000 Anträge. Zwar steigen die Neuzulassungszahlen von E-Autos, aber auf einem immer noch niedrigen Niveau. Nun wird die Prämie um fünf Jahre bis 2025 verlängert.
Für rein elektrische Autos unterhalb eines Listenpreises von 40.000 Euro klettert diese von derzeit 4000 Euro auf 6000 Euro und für Autos mit einem Listenpreis über 40.000 Euro auf 5000 Euro Prämie. Auch für Plug-in-Hybride soll der Zuschuss steigen.
Bund und Autoindustrie wollen wie bisher jeweils zur Hälfte die Kosten von mehr als zwei Milliarden Euro übernehmen. Mit der höheren Prämie werde es nun ermöglicht, weitere 650.000 bis 700.000 Elektrofahrzeuge zu fördern, teilte die Bundesregierung mit.
Die Autohersteller wollen in den kommenden Monaten und Jahren zahlreiche E-Autos auf den Markt bringen, auch im Massenmarkt. Um die Klimaziele 2030 zu schaffen, sind bis dahin sieben bis zehn Millionen E-Autos in Deutschland notwendig, wie aus einem «Masterplan Ladeinfrastruktur» der Bundesregierung hervorgeht.
Doch schon einmal hat sich die Regierung Ziele gesetzt, die sie dann später wieder einkassierte. Bis 2020 sollten bereits eine Million E-Autos auf den Strassen rollen, hiess es vor Jahren. Längst hat die Regierung eingeräumt, dass dieses Ziel verfehlt werden wird. Im August waren laut «Masterplan Ladeinfrastruktur» der Regierung rund 220 000 Elektrofahrzeuge zugelassen.
Ladenetz:
Ein flächendeckendes Ladenetz gilt als zentrale Voraussetzung für den Erfolg der E-Mobilität. Derzeit gibt es rund 21.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Vor allem auf dem Land muss man oft lange suchen. «Wichtig ist, dass wird den Kunden die Befürchtung nehmen, dass er nicht immer laden kann», benannte Bernhard Mattes, der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, die «Reichweitenangst».
Vereinbart wurde, dass in den kommenden zwei Jahren 50.000 neue öffentliche Ladepunkte entstehen sollen - die Automobilwirtschaft soll davon 15.000 auf ihren Standorten beisteuern. Doch ob das reicht? Die Bundesregierung hatte in ihrem Klimapaket angekündigt, langfristig eine Million öffentliche Ladepunkte zu schaffen, und zwar bis 2030.
Auch die Verbraucherfreundlichkeit soll steigen: So sollen Authentifizierung, Freischaltung, Bezahlung und Abrechnung beim Aufladen künftig ohne Probleme erfolgen. Die Kunden sollen nicht lange warten müssen, bis eine Station frei ist.
Der Bund will in den nächsten Jahren mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investieren. Ausserdem sollen verstärkt Ladepunkte an Kundenparkplätzen zum Beispiel an Supermärkten gefördert werden. An allen Tankstellen sollen auch Ladepunkte angeboten werden.
Ein anderer wichtiger Hebel: Im Miet- und Wohnungseigentumsrecht soll es Erleichterungen geben. Im Kern ist ein Rechtsanspruch für Wohneigentümer und Mieter vorgesehen, etwa in einer Tiefgarage eine Ladestation zu errichten. Bisher gibt es dafür hohe Hürden. Die Neuregelungen sollen nach derzeitigen Planungen in der Regierung aber erst Ende 2020 in Kraft treten.
Zukunft von Jobs:
Die deutsche Autobranche mit ihren mehr als 800.000 Beschäftigten befindet sich in einem grundlegenden Wandel hin zu alternativen Antrieben. Kritiker sagen, sie habe den Umbruch lange verschlafen und zu sehr auf Verbrennungsmotoren wie den Diesel gesetzt. Nun müssen Milliarden in die E-Mobilität investiert werden, auch um strengere EU-Klimavorgaben einhalten zu können. Bei vielen Firmen aber ist die Ertragslage wegen des Abschwungs der weltweiten Automärkte schlechter geworden. Das hat bisher vor allem Zulieferer getroffen, es gibt Kurzarbeit und zahlreiche Ankündigungen von Jobabbau.
Die Bundesregierung will nun prüfen, ob die Instrumente des Kurzarbeitergeldes «nachgeschärft oder angepasst» werden müssen. Auch dazu machte VW-Aufsichtsrat Weil klar, er habe sich Konkreteres gewünscht. Zentrale Themen beim Umbruch sollen zudem Qualifizierung und Weiterbildung sein. Darüber soll bei einem weiteren «Autogipfel» im Frühjahr wieder gesprochen werden.
Autonomes Fahren:
Beim automatisierten Fahren und vernetzter Mobilität soll Deutschland «Vorreiter» werden, wie es in den Ergebnissen des Spitzentreffens heisst. Es sollen zügig «innovationsfreundliche» rechtliche und technische Rahmenbedingungen geschaffen und automatisierte Fahrfunktionen schnell auf die Strasse gebracht werden. Bis Ende 2021 soll es ein umfassendes «Datennetzwerk» Mobilität geben.