Wildtiere erobern in Corona-Zeiten die Städte
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ausgangssperren vielerorts wirken sich auch auf das Verhalten der Wildtiere aus.
- Viele von ihnen gelangen auf der Nahrungssuche nun auch in die Stadtzentren.
- Viele Tierschützer reagieren erfreut auf diese Neuigkeiten.
Die strenge Ausgangssperre wirkt sich in Spanien auf das Verhalten von Wildtieren aus. Sie alle halten sich sonst nur in den Wäldern, in ländlichen Gebieten oder direkt am Wasser auf. Aber auch in anderen Ländern scheinen Tiere die von den Menschen wegen des Virus zuletzt verlassenen Räume zurückerobern zu wollen.
Experten sehen Zusammenhang zu Corona
Im Netz gibt es immer mehr Videos von den «frechen» Wildtieren. Die Experten glauben in Spanien nicht an Zufall. Sie sind vielmehr davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen den Folgen der Pandemie und dem Verhalten der Tiere gibt.
Dass die Städte in Spanien seit Inkrafttreten der strikten Ausgangssperre am 15. März zum Teil völlig leer seien und es auch viel weniger Verkehr gebe, habe «einen Balsameffekt für die Tierwelt». Dies meint Roberto Hartasánchez von der Stiftung zum Schutz von Wildtieren (Fapas).
Tierschützer erhoffen sich positive Auswirkungen des Virus
«Wir erwarten, dass die Iberischen Wölfe mehr Fortpflanzungserfolg haben werden, weil sie nun weniger Störungen ausgesetzt sind.» Dies sagt Angel Sánchez vom Verband für die Zählung der Wölfe.
Nicht nur in Städten sind die Folgen spürbar
«Auf dem Land sehen wir derzeit ganz allgemein bei Raubtieren und Pflanzenfressern mehr Pärchen als früher.» Dies erzählt der Präsident der Organisation zur Rehabilitation der Heimischen Fauna (Grefa), Ernesto Álvarez. Der Experte stellt fest, dass aufgrund der Ausgangssperre «alles verschwunden ist».
«Die vielen Wanderer und Radfahrer, die Sportler, die trainieren, die sind alle plötzlich nicht mehr da.» Das sieht Gerardo Baguena, Chef der spanischen Stiftung zum Erhalt des Bartgeiers, ähnlich: «Es gibt zur Zeit keine Bergsteiger, keine Gleitschirmflüge, keine Hubschrauber, nichts.»
Dieser Vogel, mit einer Spannweite von rund drei Metern der grösste Europas, ist vom Aussterben bedroht. Nun hoffen Fachleute auf positive Nebeneffekte der derzeitigen Situation. «Wir schätzen, dass die Zahl der Küken, von 22 auf 30 klettern wird. Das wäre in 25-jähriger Beobachtung ein Rekord.»
Nicht nur in Spanien erobern Tiere die Städte
Auch in Wales, in Südamerika und in Asien werden Tiere offenbar immer mutiger und dreister. In Chiles Hauptstadt Santiago streifte zuletzt ein junger Puma durch die Strassen. Das Tier kam offenbar auf der Suche nach Beute aus den nahe gelegenen Bergen hinunter in die Stadt.
Da kaum Menschen auf den Strassen waren, lief der Puma bis in die Wohngebiete. Wie die Behörden mitteilten, wurde das etwas mehr als ein Jahr alte Exemplar betäubt, untersucht und später wieder ausgewildert.
Im Tel Aviver Stadtpark Hajarkon lebten nach einem Bericht der Zeitung «Haaretz» schon vor der Corona-Krise zehn Schakal-Familien. Doch seit auch in Israel weitgehende Ausgangsbeschränkungen gelten, zeigten sich die Tiere vermehrt nun auch auf Parkwegen. Auf den leeren Strassen der Hauptstädte Indiens und Nepals tummeln sich unterdessen besonders viele Affen und Hunde.
Pandemie macht vielen Tieren auch zu schaffen
Wo weniger Menschen unterwegs sind, gibt es logischerweise weniger Essensreste - die aber für einige Tiere lebensnotwendig sind. In der thailändischen Provinz Lop Buri wurden zum Beispiel Affen gefilmt, die sich besonders heftig um Essenreste stritten.
Eine Passantin bei Benidorm in Spanien, die sonst im Frühjahr überfüllt ist, erlebte auf einer leeren Strasse eine «Attacke». Die ältere Frau mit Einkaufs-Rolli wurde von einem Schwarm weisser Tauben umflattert. Viele Spanier sagen, viele Vögel wirkten zuletzt deutlich aggressiver.