Ein Navigationsgerät soll die Verteilung von Medikamenten steuern
Lieferengpässe bei Medikamenten könnten durch ein neues Modell der ETH Zürich effizient bekämpft werden.

Lieferengpässe bei Medikamenten könnten durch bessere Koordination hinausgezögert und abgeschwächt werden. Zu diesem Schluss kamen Forschende der ETH Zürich mit einem neuen Modell, das in Echtzeit misst, wie anpassungs- und widerstandsfähig ein Vertriebssystem ist. Das im Fachmagazin «Science Advances» vorgestellte Modell könne auch Aufsichtsbehörden in Europa helfen, die Lieferketten von stark nachgefragten Medikamenten besser zu überwachen, hiess es in einer Mitteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH Zürich) vom Donnerstag.
Selbst wenn mehrere Grosshändler von einem Lieferengpass bei einem bestimmten Medikament betroffen seien, seien im Gesamtsystem der Medikamentendistribution meist noch genügend Medikamente vorhanden, hiess es von der Hochschule. Das ETH-Modell kann demnach anzeigen, wie ungenutzte Lagerbestände eines knappen Medikaments am effizientesten verteilt werden. In der Lieferkette der Medikamente sind Hersteller und Endabnehmer wie Apotheken und Krankenhäuser meist über mehrere Grosshändler verbunden, die ihre Bestände in Verteilzentren lagern.
Ein Modell mit Praxisbezug
Über diese Knotenpunkte wäre es laut den Forschenden möglich, Medikamente umzuleiten – ähnlich wie ein Navigationsmodell, das bei einem Stau Umfahrungsrouten anzeigt. «So können Versorgungsengpässe bekämpft werden, ohne dass dafür unbedingt sofort mehr produziert werden muss», wurde Studienleiter Frank Schweitzer in der Mitteilung der ETH Zürich zitiert. Um ihr Modell zu entwickeln, haben die Forschenden das gesamte Vertriebssystem von Opiaten in den USA zwischen 2006 und 2014 untersucht, wie die ETH Zürich erklärte.
Die dafür nötigen Logistikdaten stammen von der amerikanischen Drogenvollzugsbehörde DEA. Diese wurden im Rahmen eines Gerichtsprozesses gegen den Medikamentenhersteller Purdue Pharma veröffentlicht. Die Daten enthalten über 40 Milliarden Verteilrouten zwischen Herstellern, Händlern und Endabnehmern.