Forscher entdecken in der Arktis neue Antibiotika-Kandidaten
Forscher haben neuartige Antibiotika-Kandidaten in den Tiefen des Arktischen Ozeans identifiziert. Diese könnten im Kampf gegen Resistenzen helfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Finnische Forscher sind im Arktischen Ozean auf unbekannte Verbindungen gestossen.
- Diese bieten das Potenzial für neue Antibiotika.
- Die Medikamente könnten bislang antibiotikaresistenten Bakterien ein Schnippchen schlagen.
Ein Team aus finnischen Wissenschaftlern hat tief im Arktischen Ozean Mikroben entdeckt, die Potenzial für die Entwicklung neuer Antibiotika aufweisen. Bis dato hat die Wissenschaft zur Entwicklung neuer Medikamente vor allem auf Aktinobakterien im Erdboden zurückgegriffen. Deren Anteil an gegenwärtig zugelassenen Antibiotika liegt bei rund 70 Prozent.
Um die Entstehung von Resistenzen gegen gängige Antibiotika zu bekämpfen, konzentriert sich die Suche nun auf Aktinobakterien aus der marinen Umgebung. Die entscheidende Strategie besteht darin, Moleküle zu identifizieren, die die Virulenz des Erregers, also seine Fähigkeit, Krankheiten zu verursachen, reduzieren, ohne ihn komplett zu zerstören oder sein Wachstum zu stoppen.
Ein langwieriger Prozess
Professor Päivi Tammela von der Universität Helsinki teilte mit: «Wir haben eine Verbindung entdeckt, die die Virulenz von enteropathogenen E. coli (EPEC) hemmt, ohne das Wachstum zu beeinträchtigen, sowie eine wachstumshemmende Verbindung – beides in Aktinobakterien aus dem Arktischen Ozean.»
Im Jahr 2020 begab sich Tammela mit ihrem Team auf Forschungsreise in die arktischen Gewässer vor der norwegischen Inselgruppe Svalbard. An Bord des Forschungsschiffs «Kronprins Haakon» entwickelten die Wissenschaftler innovative Testmethoden für Hunderte unbekannter Verbindungen, um deren antivirale und antibakterielle Wirkungen zu analysieren.
Neue Hoffnung im Kampf gegen Krankheitserreger
Mit ihrem Fokus auf pathogene EPEC-Stämme, die insbesondere bei Kindern unter fünf Jahren schwere und bisweilen tödliche Durchfallerkrankungen verursachen, isolierten die Forscher aus Tieren, die im arktischen Meer vor Spitzbergen gefunden wurden, vier Arten von Aktinobakterien.
Zwei bisher unbekannte Verbindungen zeigten eine starke Anti-Virulenz- oder antibakterielle Aktivität. Eine davon, der Stamm T091-5, erwies sich als besonders vielversprechend, da er das Wachstum von EPEC verlangsamte und die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzentwicklung gegen seine Anti-Virulenz-Wirkung minimierte.
«Die nächsten Schritte sind die Optimierung der Kulturbedingungen zur Gewinnung der Verbindungen und die Isolierung grösserer Mengen jeder Verbindung, um deren Strukturen aufzuschlüsseln und ihre Bioaktivitäten zu erforschen», erklärte Tammela.