114 Fälle von Diskriminierung von Gehörlosen im vergangenen Jahr

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Bern,

Gehörlose sehen sich im Alltag noch immer mit Diskriminierung konfrontiert. 2021 musste der Rechtsdienst des SGB 114 solcher Fälle bearbeiten.

Ein Gehörloser bei einer Demonstration gegen Diskriminierung im Jahr 2018 in Genf. (Archivbild)
Ein Gehörloser bei einer Demonstration gegen Diskriminierung im Jahr 2018 in Genf. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Das Wichtigste in Kürze

  • Gehörlose werden noch immer im Alltag diskriminiert.
  • Oft wird ihnen kein Gebärdendolmetscher zur Verfügung gestellt.
  • Im vergangenen Jahr gab es in der Schweiz 114 Fälle von Diskriminierung von Gehörlosen.

Ob bei der Arbeit, bei der Ausbildung oder im Spital: Gehörlose Menschen werden im Alltag immer noch diskriminiert. Allein im letzten Jahr musste der Rechtsdienst des Schweizerischen Gehörlosenbundes (SGB) 114 solcher Fälle bearbeiten. Oft ging es dabei darum, dass den gehörlosen Personen kein Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung gestellt wurde, wie der SGB am Donnerstag mitteilte.

So erhielt zum Beispiel ein gehörloser Vater, der mit seiner Tochter notfallmässig ins Spital musste, keine Übersetzerin, weil diese nur für gehörlose Patientinnen, nicht aber für die Angehörigen aufgeboten würden.

Rechtsdienst des SGB behandelte 6 Fälle mehr als 2020

Ein anderer Betroffener bekam bei einem Video-Gespräch mit seiner Bank keine Auskunft von seinem Berater. Der Grund: Der anwesende Gebärdensprachdolmetscher sei nicht bevollmächtigt, persönliche Informationen zu erhalten. Dazu brauche die hörende Person zuerst eine Vollmacht.

Mit ähnlichen Problemen waren Gehörlose im vergangenen Jahr in zahlreichen Fällen konfrontiert. Auch die Finanzierung der Hilfsmittel, wie Hörgeräte oder eben der Dolmetscher, werde von der Invalidenversicherung «noch viel zu häufig» verweigert oder blockiert. Insgesamt behandelte der Rechtsdienst des SGB im letzten Jahr 114 Fälle, sechs mehr als 2020 und acht mehr als 2019.

Gebärdensprache Symbolbild
Ausgeübte Gebärdensprache. (Symbolbild) - Keystone

Gemäss dem SGB wäre die Schweiz unter anderem mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Uno, dem Diskriminierungsverbot in der Bundesverfassung oder dem Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet, «die Menschenrechte und Grundfreiheiten von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten».

Allerdings bestünden für Menschen mit Behinderungen weiterhin hohe Hürden und es komme immer wieder zu Diskriminierungen. Für den SGB ist klar, dass die «aktuelle Gesetzgebung nicht ausreicht, um gehörlose Menschen in die Gesellschaft zu integrieren». Er werde sich deshalb weiterhin für die rechtliche Anerkennung der Gebärdensprache einsetzen.

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