Aargauer Regierung ist gegen Ausländerstimmrecht in Gemeinden
Der Aargauer Regierungsrat lehnt ein fakultatives Wahl- und Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf kommunaler Ebene ab.
Der Aargauer Regierungsrat lehnt ein fakultatives Wahl- und Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf kommunaler Ebene ab. Vorstösse aus den Reihen von SP, GLP, Mitte und EVP forderten, dass die Rechtsgrundlagen für das Ausländerstimmrecht geändert wird.
Das Stimmrecht von Ausländerinnen und Ausländern könnte das Interesse am Wohnsitzland und damit die Integration und das friedliche Zusammenleben der in- und ausländischen Wohnbevölkerung fördern, wie der Regierungsrat in seinen am Freitag veröffentlichten Stellungnahmen festhält.
Die Einführung des aktiven und passiven Stimm- und Wahlrechts auf kommunaler Ebene für ausländische Einwohnerinnen und Einwohner in den Gemeinden solle dennoch nicht ermöglicht werden. Man sei nach wie vor überzeugt, «dass zunächst eine Integration der ausländischen Wohnbevölkerung zu erfolgen hat, die ihren Abschluss in der ordentlichen oder erleichterten Einbürgerung findet».
Mit der Einbürgerung und dem dazugehörenden Verfahren sei sichergestellt, dass die einbürgerungswilligen Personen die nötigen Kenntnisse des schweizerischen Systems aufwiesen. Gemäss Regierungsrat ist es wichtig, «dass auf allen drei Staatsebenen die gleichen Regeln bezüglich des Stimm- und Wahlrechts gelten».
Die Grossrätinnen und Grossräte begründeten ihre Forderung in den beiden Motionen damit, dass gerade in Gemeinden bei Abstimmungen und Wahlen Entscheide gefällt würden, die das Leben aller Einwohnerinnen und Einwohner unmittelbar betreffen würden.
Die SP-Fraktion verlangt in ihrer Motion ein Wahl- und Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer ab 18 Jahren. GLP, Mitte und EVP wollen, dass dieses Recht auf die niedergelassenen Ausländerinnen und Ausländer (mit «C-Ausweis») beschränkt bleibt.
Die Beteiligung am demokratischen Prozess auf kommunaler Ebene trage zu einer guten und vollwertigen Einbindung aller Bevölkerungsgruppen und zur Integration aller Einwohnerinnen und Einwohner bei, heisst es weiter. Das sei wichtig für ein gutes Zusammenleben in den Gemeinden. Aargauer Gemeinden, die das möchten, sollten das Stimm- und Wahlrecht auf die ausländische Bevölkerung deshalb ausdehnen können.
Das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer war im Aargau in den vergangenen 25 Jahren zweimal ein politisches Thema. Im März 1996 schmetterten die Stimmberechtigen eine entsprechende Volksinitiative ab. Im September 2015 lehnte der Grosse Rat eine Motion für die freiwillige Einführung des Wahlrechts auf kommunaler Ebene mit 88 zu 30 Stimmen ab.
Acht Kantone kennen bereits Bestimmungen zum Ausländerstimmrecht. Die Kantone Freiburg, Neuenburg, Jura und Waadt gewähren Ausländern unter unterschiedlichen Bedingungen das Stimmrecht sowie das aktive und passive Wahlrecht in allen Gemeinden, wie der Regierungsrat in den Stellungnahmen ausführt.
Im Kanton Genf haben Ausländer in allen Gemeinden das Stimmrecht und das aktive, nicht aber das passive Wahlrecht. Die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Basel-Stadt kennen in der Deutschschweiz ein fakultatives Ausländerstimmrecht: Sie erlauben ihren Gemeinden, das kommunale Ausländerstimmrecht einzuführen. 23 von 125 Gemeinden im Kanton Graubünden sowie drei von 20 Gemeinden im Kanton Appenzell Ausserrhoden machten von dieser Möglichkeit gebraucht.
In sieben Kantonen stimmen das Volk seit 2010 über das Ausländerstimmrecht ab. In den Kantonen Basel-Stadt, Glarus, Luzern, Zürich und Schaffhausen sind Volksinitiativen abgelehnt worden, welche die Einführung des Ausländerstimmrechts auf kantonaler oder kommunaler Ebene zum Ziel hatten.
Im Kanton Waadt sprachen sich die Stimmberechtigten gegen eine Ausdehnung des Stimm- und Wahlrechts auf die kantonale Ebene aus. Einzig im Kanton Jura wurde 2014 die Einführung des passiven Wahlrechts für Gemeindeexekutiven (ausgenommen Gemeindepräsidium) angenommen.