In Köniz BE ist ein Quartier wegen einer Grossfamilie in Aufruhr. Sie sei zu laut, heisst es seit Langem. Nun ist es für die Anwohner noch schlimmer geworden.
Die Idylle in diesem Quartier in Köniz trügt. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine achtköpfige Familie machte einem Berner Paar das Leben schwer – die zwei zogen aus.
  • Beschwerden bei der Polizei oder der Verwaltung hatten nichts gebracht.
  • Nun gehen auch andere Nachbarn auf die Barrikaden. Denn die Familie hat sich ausgebreitet.
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«Das Ganze ist emotional sehr aufgeladen!», erzählt die Könizerin Elvira Drechsler* zu Nau.ch. Sie wohnt in einem grundsätzlich ruhigen Aussenquartier des Berner Vororts. Doch seit mehreren Jahren ist es dort vorbei mit der Ruhe und der Harmonie.

Eine achtköpfige Familie macht ihren Nachbarn das Leben zur Hölle. Vor allem der Lärm und das ständige Geschrei zehrt an den Nerven der Anwohner. Nau.ch berichtete im Februar über das Berner Paar Selina (33) und Marc (37), das in der Wohnung unterhalb der Familie lebte. Und nach einem halben Jahr, nach vielen Abenden, an denen die Nerven blank lagen, wieder auszog.

Lärm, Schikane und Drohungen von Seiten der Familie machten für die beiden ein Weiterleben in ihrer Traum-Wohnung unmöglich.

«Das sprengt den Rahmen»

Die beiden waren nicht die ersten, welche die Wohnung nach kurzer Zeit wieder verliessen, weil sie es nicht mehr aushielten.

Doch die Grossfamilie musste bisher nicht ausziehen. Trotz Lärm, der weit über normales Kinderschreien hinausgeht, wie Selina es schilderte.

Im Gegenteil: «Die neueste Entwicklung sprengt den Rahmen nun definitiv», schildert Elvira Drechsler.

Die Familie wohnt nun im Erdgeschoss sowie im ersten Stock des Hauses.
Dass dies so gekommen ist, können viele Anwohner nicht nachvollziehen.
Diebstahl von Schuhen
Für sie ist unverständlich, dass die Familie jetzt noch mehr Raum einnehmen darf. (Symbolbild)
Der Mieterverein München warnt vor  Vertragsklauseln, die das Kündigungsrecht zeitlich befristet ausschliessen und empfiehlt allen Mieterinnen und Mietern, Mietverträge vor der Unterschrift
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Kantonspolizei Bern
Die Kapo Bern erklärt, in der betroffenen Strasse habe es im letzten Jahr eine tiefe einstellige Zahl an Meldungen wegen Ruhestörung/Lärm oder wegen Streiterei gegeben.

Sie ist eine von zwei Bewohnerinnen des Quartiers, die sich einige Monate nach Erscheinen des Artikels bei Nau.ch gemeldet und ebenfalls ihr Leid über die Situation kundgetan haben.

Denn: «Jetzt hat sich die Familie sogar auf zwei Wohnungen ausgebreitet. Sie hat jetzt auch noch jene von Selina und Marc bezogen», erzählt sie. Für Drechsler ein Hohn. «Das gibts doch einfach nicht, dass diese Familie, die ein solches Verhalten an den Tag legt, jetzt auch noch dafür belohnt wird.»

Im Quartier sei dies ein riesiges Gesprächsthema und viele würden sich sehr darüber aufregen. «Wir fühlen uns hintergangen», klagt sie.

Auch Selina, der die Angelegenheit immer noch in den Knochen steckt, ist schockiert. «Ich bin schlichtweg sprachlos und mir tun alle, die von diesem unsäglichen Geschrei belästigt werden, einfach nur leid.» Sie könne es immer noch nicht begreifen, dass die Verwaltung nicht interveniere.

Nimmt Treppenhaus in Beschlag

Doch nicht nur das. Damit werde der Lärm noch viel schlimmer. «Die Familie nimmt jetzt auch noch das ganze Treppenhaus in Beschlag», sagt Drechsler. Jedes Mal, wenn sie vor dem Haus durchlaufe, höre sie Geschrei. Drechsler ist froh, nicht im selben Haus wie die Familie zu wohnen, sondern nebenan. Für die Bewohner des Gebäudes sei die Situation schwierig, sagt sie.

Sie kann zudem nicht nachvollziehen, dass die Verwaltung zugestimmt hat, der Familie noch eine weitere Wohnung zu vermieten. «Nach all dem, was schon geschehen ist.»

Warst du schon mal in einen Nachbarschaftsstreit verwickelt?

Die Verwaltung Privera AG gibt auf mehrmalige Anfrage von Nau.ch keine Auskunft zur neuen Situation im Wohnblock. Im Februar hatte die Immobilienverwaltung erklärt: «In Wohnüberbauungen entstehen aus verschiedenen Gründen Nachbarschaftsstreitigkeiten. Als Bewirtschaftungsunternehmen tragen wir im möglichen Rahmen zur Schlichtung dieser Konflikte bei und sind immer an einer Lösungsfindung interessiert.»

Kapo rückt wegen Rühestörung aus

Bei der Kantonspolizei Bern heisst es auf Anfrage, in der genannten Strasse habe es im letzten Jahr mehrere Meldungen wegen Ruhestörung/Lärm oder wegen Streiterei gegeben. In der ganzen Gemeinde Köniz sei es eine tiefe dreistellige Zahl gewesen. Aus Datenschutz- und Persönlichkeitschutzgründen könne die Polizei aber keine näheren Auskünfte zu konkreten Fällen geben, so Pirmin Kreuzer von der Medienstelle.

Elvira Drechsler hofft, dass die Verantwortlichen beim nächsten Mal besser überprüfen, wem sie welchen Wohnraum zur Verfügung stellen. Und gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich die Situation zum Besseren ändert.

*Name von der Redaktion geändert

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