AKW-Stilllegungskosten: Experten prüfen Betreiber-Angaben
Unabhängige Experten überprüfen die von den AKW-Betreibern geschätzten Kosten für die Stilllegung und Entsorgung der radioaktiven Abfälle der Kraftwerke.
Die Überprüfung leitete der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (Stenfo) ein. Die von den Betreibern im Oktober veröffentlichten Kosten für die Stilllegung und Entsorgung liegen 2 Milliarden Höher als die Kosten, welche die unabhängige Geschäftsstelle der Fonds aktuell als Basis für die Berechnung der provisorisch verfügten Betreiberbeiträge in die Fonds genommen hat. Das hat Auswirkungen auf die Fonds-Einzahlungen der AKW-Betreiber.
Genau 1,999 Milliarden Franken liegt die Schätzung des Stenfo über der Kostenstudie 21, welche der Atomkraftwerk-Betreiberverband Swissnuclear vorgelegt hatte. Die Verwaltungskommission der Stenfo hat beantragt, dass die Kosten für Stilllegung und Entsorgung auf 21,857 Milliarden Franken festgesetzt werden. Das entspricht den Kosten für den vollständigen Rückbau der Kernanlagen bei 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit für den Bau eines geologischen Tiefen-Kombilagers, aber am selben Standort.
Swissnuclear indessen geht von 23,856 Milliarden aus. Dabei handelt es sich aber um das konservativste aller Szenarien. Unabhängige Kostenprüfer sollen prüfen, ob die Kostenschätzung vollständig und korrekt ist. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) als Aufsichtsbehörde geht dabei allen technischen und sicherheitsrelevanten Aspekten der Swissnuclear-Kostenstudie nach.
Diese Arbeiten dauern rund ein Jahr. Voraussichtlich Mitte 2023 legt die Verwaltungskommission des Stenfo die von den AKW zu entrichtenden definitiven Fondsbeiträge fest. Bis dahin gelten provisorische Beiträge aufgrund der ungeprüften Kostenstudie 2021 der Betreibergesellschaften.
Die provisorischen Beiträge in den Stilllegungsfonds belaufen sich demnach 2022 bis 2026 auf 40,5 Millionen Franken. In den Entsorgungsfonds müssen die Betreiber 51,5 Millionen Franken zahlen.
Verglichen mit den definitiven Beiträgen der Jahre 2017 bis 2021 müssen die AKW-Betreiber damit 146,2 Millionen Franken weniger in den Stilllegungs- und 284,6 Millionen weniger in den Entsorgungsfonds einzahlen. Insgesamt sinken ihre Beiträge um 284,6 Millionen Franken.
Der Stenfo erklärte das am Donnerstag zum einen mit der aktuellen und tieferen Kostenschätzung von Swissnuclear. Darüber hinaus schlagen sich die höheren Fondsbestände aufgrund der guten Performance in den tieferen Beiträgen nieder sowie die Tatsache, dass die AKW Beznau I und II und Mühleberg die für die Einzahlung massgebliche Betriebsdauer von 50 Jahren erreicht haben.
Swissnuclear muss alle fünf Jahre eine Kostenstudie erstellen, die letzte datiert von 2016. Damals gingen die Betreiber der Schweizer AKW noch von 24,2 Milliarden für Stilllegung und der Rückbau aus, 1,1 Milliarden Franken oder 4,5 Prozent weniger als im Update 2021.
Der Stenfo besteht aus dem Stilllegungs- und Entsorgungsfond und soll dereinst die Kosten der Stilllegung der AKW decken. Äufnen müssen die Fonds die AKW-Besitzer. Ende 2020 betrug das Vermögen der beiden Fonds 8,9 Milliarden Franken.
Swissnuclear ist der Branchenverband der Schweizer Kernkraftwerksbetreiber (Axpo Power AG, BKW Energie AG, Kernkraftwerk Leibstadt AG und Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG). Diese Unternehmen betreiben die Kernkraftwerke Beznau im Aargau, Gösgen im Kanton Solothurn und Leibstadt im Kanton Bern.